NS-Kunstraub Bern zeigt Hildebrand Gurlitt als Geschäftemacher

Bern (dpa) - Als „Anti-Nazi“ rechtfertigt sich Hildebrand Gurlitt, einer der Kunsthändler Hitlers, 1945 bei einer Vernehmung durch US-Militär. „Zu verdienen habe ich mich auch nicht geschämt“, steht in einem seiner Briefe.

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„Warum sollte ich an dem Staat nicht verdienen, der mich bis aufs Hemd ausrauben wollte.“ Diese Dokumente zeigt das Kunstmuseum Bern neben Werken aus der Gurlitt-Sammlung in seiner Ausstellung „Bestandsaufnahme Gurlitt Teil 2: Der NS-Kunstraub und seine Folgen“, die am Donnerstag für das Publikum öffnet.

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Viele der rund 130 Kunstwerke waren bis März bei riesigem Publikumsandrang in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. Während dort die Opfer im Mittelpunkt standen, habe das Kunstmuseum Bern sein Augenmerk mehr auf Gurlitts Geschäfte und seine Verflechtung mit dem NS-Regime gelegt, sagte Kuratorin Nikola Doll am Mittwoch.

Gurlitt war zwar wegen seiner Vorliebe für die Moderne als Museumsdirektor von den Nazis abgesetzt worden. Er hatte sich aber dann als Kunsthändler etabliert und sowohl mit Raubkunst als auch mit Werken, die die Nazis als „entartet“ diffamiert hatten, Geschäfte gemacht. Als dunkelstes Kapitel seiner Karriere bezeichnete Museumsdirektorin Nina Zimmer seine Tätigkeit in Paris, wo er auch Einkäufer für Hitlers in Linz geplantes „Führermuseum“ war. „Er hat ein enormes Gehalt bekommen, um Kunst für Personen des Dritten Reiches zu besorgen - da gibt es nichts schönzureden“, sagte sie.

Das Museum zeigt zu den ausgestellten Werken, was bislang über ihre Herkunft und Vorbesitzer bekannt ist. Dazu kommen zahlreiche Dokumente, darunter Quittungen von Zwischenhändlern, Anträge auf Exportlizenzen und Gurlitts Pariser Adressbuch etwa.

Hildebrand Gurlitt war einer von mehreren Kunsthändlern Hitlers. Insgesamt waren 2012 rund 1500 Werke bei seinem Sohn Cornelius in München und Salzburg entdeckt worden. Der Fund galt als Sensation. Wegen des Raubkunstverdachts wurde die Sammlung unter rechtlich umstrittenen Umständen beschlagnahmt. Bislang konnten aber nur wenige Werke eindeutig als Raubkunst identifiziert werden. 61 Werke, die in Bern zu sehen sind, gelten als Verdachtsfälle. Cornelius Gurlitt starb 2014. Er vermachte alles dem Kunstmuseum Bern.

Das Museum hatte der Bundeskunsthalle Bonn zunächst eine Ausstellung von Werken zum Thema Raubkunst überlassen und im ersten Teil seiner eigenen Gurlitt-Schau Werke gezeigt, die die Nazis wegen der jüdischen Herkunft der Maler oder wegen der Sujets als „entartet“ diffamiert und aus Museen entfernt hatten. Beide Teile sollen in neuer Konzeption vom 14. September bis 7. Januar 2019 im Gropius Bau in Berlin zu sehen sein. Wie das Museum das Erbe anschließend verwalte und was ausgestellt werde, sei noch unklar, sagte Museumsdirektorin Zimmer.

Bei hunderten Werken aus der Gurlitt-Sammlung - mehrheitlich Arbeiten auf Papier - dürfte die Herkunft lückenhaft bleiben, sagte der Vizepräsident der Dachstiftung des Museums, Marcel Brülhart. Ob und wie viele solcher Werke das Museum in seinen Bestand übernimmt, entscheide sich bis 2022. „Was wir nicht nehmen, ist dann herrenlos und geht an den deutschen Staat“, sagte er.

Bei aller Aufarbeitung des historischen Kontextes dürfe die Kunst mit teils hochkarätigen Werken aber nicht zu kurz kommen, sagte Zimmer. In der Ausstellung sind unter anderem Werke von Claude Monet, Auguste Renoir und Max Beckmann sowie als eines der Hauptwerke Gustave Courbets „Dorfmädchen mit Ziege“ zu sehen.