Neues vom Häcksler Ein Besuch am Set vom „Tatort“: Ulrike Folkerts und Ben Becker wieder vereint
Sitters · „Tod im Häcksler“ gilt als eine der umstrittensten Folgen in der langen Geschichte der „Tatort“-Krimis. Fast 30 Jahre später entsteht die Fortsetzung. Wieder dabei: TV-Kommissarin Ulrike Folkerts und ein gereifter Ben Becker. Ein Besuch am Set.
Es ist die mit Spannung erwartete Fortsetzung eines Stücks deutscher Fernsehgeschichte - und der zweite Teil eines „Tatort“-Krimis, der vor 28 Jahren Proteste in Rheinland-Pfalz auslöste. „Leute haben sich sehr auf den Schlips getreten gefühlt, weil wir Worte gesagt haben, die man besser nicht sagt“, erzählt Deutschlands dienstälteste „Tatort“-Kommissarin Ulrike Folkerts. „Daraus haben wir gelernt.“ Vom Drehort auf der Kahlforsterhöhe geht ihr Blick weit ins Pfälzer Land. „Viel Gegend ist das“, sagt sie.
Mit ihrem Schauspielkollegen Ben Becker steht Folkerts an diesem frostigen März-Nachmittag in einem einsamen Gehöft im Donnersbergkreis - gefährlich nahe an einem riesigen Mähdrescher. Doch eine Panne an der Maschine von 1980 verschafft dem Duo eine ungeplante Pause. Damals war es „Tod im Häcksler“, der Arbeitstitel des Nachfolgers lautet „Die Pfalz von oben“. Am elften Drehtag hat sich der Tross des Südwestrundfunks in die Gemeinde Sitters begeben.
Es ist kein normaler Dreh. Erstens ist es der „Tatort“ zum 30-jährigen Dienstjubiläum von Kommissarin Lena Odenthal (Folkerts) und zweitens die Fortsetzung der skandalumwitterten Folge von 1991. „Zunächst war ich überrumpelt von der Idee“, sagt Folkerts. „Aber ich fand sie sofort sehr interessant und auch schön.“
Darum empörten sich Pfälzer über den Tatort von 1991
Vor 28 Jahren, einer halben Ewigkeit, empörten sich viele Pfälzer über den Sonntagskrimi. Sie sahen sich massiv diffamiert in der Darstellung von Dorfbewohnern, die Hetzjagd machten auf einen rumänischen Spätaussiedler. „Es lag wohl auch daran, dass es so konkret verortet war, dass die Leute sich direkt angesprochen gefühlt haben“, sagt Folkerts fast drei Jahrzehnte später. Hinzu kam Pech beim Timing: Bei Übergriffen im sächsischen Hoyerswerda wurden im September 1991 Flüchtlinge angegriffen. „Und vier Wochen später kam der "Häcksler". Das fiel auf schlechten Boden“, erzählt Folkerts.
Sie musste „zur Versöhnung“ mit dem damaligen rheinland-pfälzischen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der von „Verunglimpfung“ der Pfälzer gesprochen hatte, sogar wandern gehen. „Es war ein schöner Sommertag, es gab viel Wein, und es war gut für die Presse“, sagt die 57-Jährige heute augenzwinkernd.
Doch an diesem Drehtag in Sitters geht der Blick nach vorn. „Ich sehe diese Folge nicht als Fortsetzung, sondern als Verknüpfung mit der Frage, wie es damals hätte weitergehen können“, erzählt Regisseurin Brigitte Maria Bertele.
Folkerts und Becker stehen im Innenhof des Bauernanwesens, überall liegt Stroh, die Wände sind nur grob verputzt, eine Holzplatte deckt die Jauchegrube ab. Kommissarin Odenthal ermittelt hier zum Tod eines jungen Polizisten und trifft auf einen Bekannten von 1991: den Ortspolizisten Stefan Tries alias Ben Becker. Es geht um Korruption, aber auch um gescheiterte Visionen und verlorene Sehnsüchte. „Tries ist eine zerrissene Figur“, erzählt Becker. „Er wäre gerne ein gestandener Mann, aber ein Tick kleiner Junge ist drin geblieben.“
„Romantische Szenen“ zwischen Odenthal und Tries
Über die Idee einer Fortsetzung habe er sich „wahnsinnig gefreut“, erzählt der 54-Jährige. „Es ist verrückt, wie sehr eine Kunstfigur, die man sich ausgedacht hat, nach 28 Jahren wieder eine Präsenz gewinnt. Es gibt Filme, die bleiben einem im Herzen.“ Und Becker verspricht: „Es gibt ein paar schöne romantische Szenen.“
Es ist ein spannendes Wiedersehen: 1991, beim „Tod im Häcksler“, standen Folkerts und Becker vergleichsweise am Anfang ihrer Karrieren. Heute sind es etablierte Profis ihres Gewerbes. „Damals waren sie jungfräulich - inzwischen haben beide Karriere gemacht“, sagt Produzent Nils Reinhardt. „Vielleicht wären die Kommissarin und der Polizist in einem anderen Leben ein Paar geworden.“ Auch Folkerts sagt: „Ich habe mir natürlich den Film von vor 28 Jahren angeschaut, da sind wir jung, schön - und sehr süß. Wir waren so schlimm verknallt damals.“
Doch aus dem energiegeladenen Polizisten Stefan ist ein gealterter Provinz-König Tries geworden. Lebenslügen treffen auf kalte Gewalt. Kann es wieder Aufregung geben? Anzunehmen ist das kaum, auch wenn Ulrich Herrmann vom SWR sagt: „Eigentlich ist es ja auch das, was wir wollen: aufrütteln.“ Er schließt sogar einen möglichen dritten Teil nicht aus. Aber erst einmal soll noch 2019 die Fortsetzung laufen.