Bilanz zum Weltfrauentag: Gleichberechtigung als „noch nicht erreichtes Ideal“

Der Weltfrauentag am Donnerstag steht in westlichen Ländern im Zeichen der #MeToo-Kampagne gegen sexuelle Belästigung und Gewalt. Seit 1921 wird der Frauentag jährlich am 8. März gefeiert.

Die Bronze-Statue „Fearless Girl“ („Furchtloses Mädchen“) an der New Yorker Wall Street.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat anlässlich des Internationalen Frauentags davor gewarnt, nur auf die erreichten Verbesserungen für Frauen in der Gesellschaft zurückzuschauen. „Der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen geht weiter“, sagte Merkel am Donnerstag in einer Videobotschaft. Es gebe noch viel zu tun „für gleiche Rechte von Frauen und natürlich auch für neue Aufgaben für Männer“, sagte die CDU-Politikerin.

Auch der geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) beklagte, Frauen würden noch immer in vielen Bereichen der Gesellschaft benachteiligt und diskriminiert. Die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren sei zwar ein epochaler Schritt zu mehr Gleichberechtigung gewesen, aber doch nur ein Etappensieg, sagte Maas der Deutschen Presse-Agentur zum Weltfrauentag. „Die vollständige Gleichberechtigung von Frauen in Deutschland ist ein rechtliches Ideal, aber noch immer nicht vollständig verwirklicht.“ Nach wie vor gebe es Sexismus, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und zu wenig weibliche Führungskräfte.

In den USA löste die Debatte um sexuelle Belästigung gar eine neue Frauenbewegung aus. Schon der Schock über den Wahlsieg von Donald Trump hatte dazu geführt, dass viele Frauen sich politisch engagierten. Bei dem Protestmarsch „Women’s March“ am 21. Januar 2017 versammelten sich über eine halbe Million Menschen in Washington. Dann folgte der Skandal um Hollywoodmogul Harvey Weinstein, welcher die #MeToo-Kampagne auslöste, an die sich dann die „Time’s Up“-Bewegung anschloss.

In vielen Ländern sind Frauen massiven Repressionen, Diskriminierungen und Gewalt ausgesetzt. Mexiko etwa gehört zu den gefährlichsten Regionen der Welt. Im vergangenen Jahr wurden nach Statistiken der UNO sowie der dortigen Regierung im Durchschnitt mehr als sieben Frauen pro Tag ermordet. Seit 2007 gibt es ein Gesetz, nach dem Gewalttaten gegen Frauen härter bestraft werden sollen — trotzdem bleiben die meisten Fälle immer noch straflos. Im ultra-konservativen Königreich Saudi-Arabien werden Frauen nach wie vor massiv diskriminiert. Zuletzt wurde zwar bekanntgegeben, dass Frauen nun auch ohne Erlaubnis eines Mannes ein Unternehme gründen dürfen. Das System der männlichen Vormundschaft schränkt Frauen trotzdem extrem ein, eine Saudiaraberin darf etwa ohne die Erlaubnis ihres Vormunds nicht studieren oder reisen. Saudi-Arabien war zudem das letzte Land der Welt, das Frauen das Autofahren erlaubte.

Zum Internationalen Frauentag am 8. März warnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) vor einem rückwärtsgewandten Konservatismus. „Die Gleichberechtigung ist im Grundgesetz festgeschrieben“, sagte DGB-Vize Elke Hannack der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Daran sollten sich auch jene erinnern, die jetzt eine neue Konservatismus-Debatte anzetteln wollen“, sagte Hannack, die auch Vizevorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft ist. „Ein neuer Konservatismus - was soll denn das sein?“, so Hannack. „Ein Zurück zu Heimchen am Herd und dem Mann als Alleinverdiener - dieses Rollenmodell trägt doch längst nicht mehr.“ Frauen und Männer wollten selbstbestimmt leben und Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren können.

Aktuelle Statistiken zum Weltfrauentag zeigen, dass deutlich mehr Frauen als vor einigen Jahren von ihrem Job leben können. Allerdings hat auch ihre Armutsgefährdung in Deutschland zugenommen. Waren 2006 noch 5,4 Millionen Frauen in Deutschland armutsgefährdet, waren es zehn Jahre später 7,3 Millionen. Die Armutsgefährdung von Männern liegt mit 15,2 Prozent (2016) deutlich unter der von Frauen. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen ist hierzulande so groß wie in fast keinem anderen EU-Staat. Das sogenannte unbereinigte Verdienstgefälle lag in der Bundesrepublik 2016 bei 21,5 Prozent, wie Eurostat in Luxemburg mitteilte.

Der Frauentag wurde auf Anregung der deutschen Sozialdemokratin Clara Zetkin erstmals am 19. März 1911 in Deutschland und in Nachbarländern organisiert. Seit 1921 wird er jährlich am 8. März gefeiert. lha/dpa/afp