Biogas-Kraftwerk: Gift und Galle gegen Gülle
Im westlichen Münsterland soll ein Biogas-Kraftwerk entstehen. Bauern und Anwohner wehren sich mit deutlichen Worten dagegen.
Velen. Klare Worte: „Wir wollen eure Sch . . . auch nicht!“, ist in großen Buchstaben auf einem Plakat zu lesen. Es steht im Nirgendwo des westlichen Münsterlandes zwischen Velen und Gescher. Werner Sundrum und Franz-Josef Schmeing haben die drastische Botschaft hier aufgehängt. Die beiden Landwirte demonstrieren gegen ein Großprojekt, bei dem im wahrsten Sinne aus Mist Geld werden soll.
„Biogas Münsterland“ heißt das Projekt, hinter dem der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftverband (WLV) und die RWE-Tochter, RWE Innogy, stehen. Rund 180 000 Tonnen Gülle von Schweinen und Rindern wollen die Projektpartner jedes Jahr in einer neuartigen Biogas-Anlage ganz am Rande der kleinen Gemeinde vergären. Dabei haben sie die Bauern der Region als Partner fest eingeplant. Irgendwo muss die Gülle ja herkommen.
Doch obwohl die Bauern zur Hälfte beteiligt werden sollen, sind nicht alle begeistert von der Idee. „Die brauchen unseren Mist als Eintrittskarte für den alternativen Energie-Markt“, kritisiert Werner Sundrum. „Wir werden momentan noch für dumm verkauft.“ Mit anderen Anwohnern hat Sundrum vor ein paar Monaten eine Bürgerinitiative gegen das Bauvorhaben gegründet. Demonstriert haben sie auch schon — mit Traktoren und Plakaten.
Vorbild für die Initiative ist die Nachbargemeinde Südlohn. Ursprünglich hatte die Anlage dort entstehen sollen, durch Protest in der Gemeinde ist es anders gekommen. In Velen sind die Planer einen Schritt weiter gekommen. Dort ist der Gemeinderat um den Bürgermeister Christian Schulze-Pellengahr (CDU) für das Projekt. Weil es Arbeitsplätze schaffe und Einnahmen bringe. „Aber auch, weil es das Trinkwasser entlastet“, sagt der Politiker
„Wir haben gute Argumente“, hält Heinz Boll-Dullhot, der Sprecher der Kraftwerksgegner, entgegen. Die Anlage fördere die großen Mastbetriebe, sie vergrößere das Gülleproblem, anstatt es aus der Welt zu schaffen. Andere Fragen seien ungeklärt: „Was, wenn doch Pflanzen verbrannt werden, weil die Gülle nicht reicht?“ Die Vorbehalte sind exemplarisch für Biogas-Projekte. Dort, wo neue Anlagen gebaut werden, regt sich Widerstand.
Doris Nienhaus, die das Projekt für den Bauernverband WLV leitet, kann die Vorbehalte nur teilweise nachvollziehen: „Die sehen nur das Logo von RWE und sagen: „Oh, nee, das lehnen wir ab.“ Nienhaus glaubt, dass die Landwirte eine große Chance verspielen. „Der Kreis Borken sitzt in einer Güllefalle.“ Tausende Tonnen würden für viel Geld in die Soester Boerde oder sogar bis Ostdeutschland gefahren, weil es im viehreichen Münsterland zu viel davon gebe, sagt sie.