Bonn bewirbt sich um Sitz der Europäischen Arzneimittelagentur

Bundesgesundheitsminister Gröhe (CDU) will die EMA nach Deutschland holen. Wegen des Brexits muss die Behörde umziehen.

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Düsseldorf. „Wir haben eine exzellente Bewerbung abgegeben.“ An Selbstbewusstsein mangelt es Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) jedenfalls nicht im Hinblick auf Bonns Ambitionen, künftig Sitz der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zu werden. Unter dem Motto „Closer to Europe“ bewirbt sich Bonn für Deutschland gemeinsam mit 18 weiteren EU-Staaten um den Sitz der bislang in London ansässigen Behörde. Wegen des Brexits muss der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen in der Europäischen Union nun einen neuen Standort für die EMA finden.

Für die Bewerbung hat sich Gröhe prominente Schützenhilfe ins Boot geholt: Wolfgang Clement, der frühere Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit a. D., wird die Bewerbung unterstützen. Auch er gibt sich optimistisch, dass Bonn trotz starker Konkurrenz von europäischen Metropolen wie Paris, Warschau, Kopenhagen, Am terdam oder auch Paris das Rennen machen könnte. „Wir gehen mit guten Chancen in einen spannenden Wettbewerb“, sagt der SPD-Politiker, der die Rolle des Sonderbeauftragten für die Bewerbung ehrenamtlich übernommen hat. Bonn habe viele Trümpfe in der Hand, um den Zuschlag zu bekommen.

Tatsächlich verfügt die ehemalige Bundeshauptstadt über eine hervorragende Infrastruktur und gute Anbindungen etwa an die Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn und gilt schon jetzt als einer der wichtigsten Gesundheits- und Pharmastandorte in Europa. Das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) als Zulassungsbehörde in der Europäischen Union befindet sich ebenfalls dort und unterstützt die EMA bereits heute in der Zulassung und Sicherheit von Arzneimitteln. Mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln hätte die EMA einen weiteren hoch qualifizierten Partner in der Nähe; durch die Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bei Frankfurt am Main als weitere nationale Zulassungsbehörde würden sich für die EMA wertvolle Synergieeffekte ergeben.

Bei der Bewerbung wollen das Bundesgesundheitsministerium, das Land NRW und die Stadt Bonn an einem Strang ziehen — so hebt auch NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) die Vorteile für NRW hervor, sollte Bonn den Wettbewerb für sich entscheiden: „Aus der Kombination EMA und NRW mit Bonn kann eine Win-Win-Situation für beide entstehen“, ist er überzeugt. „Die EMA und das Land mit seiner erstklassigen Forschungslandschaft würden vom gegenseitigen Austausch bei Wissenschaft und internationalen Veranstaltungen profitieren.“ Somit wollten Land und Bund zehn Jahre lang eine Anschubhilfe leisten. Laut Ausschreibungsvorgabe soll die EMA am neuen Standort am 30. März 2019 ihre Arbeit weiterführen.

Neben einem Gewinn an wissenschaftlichem Renommee würde der Sitz der EMA in Bonn auch den regionalen Arbeitsmarkt ankurbeln — so hätten Hotels, Gast- und Freizeitstätten Wachstumsimpulse zu erwarten, mutmaßt Gröhe. Die EU-Kommission wird in einem mehrstufigen Wahlverfahren voraussichtlich im November über den künftigen Sitz entscheiden. Ausschlaggebende Kriterien sind etwa die Verkehrsanbindung des Standorts, die Verfügbarkeit von Schulen für die Kinder der Beschäftigten sowie die geografische Verteilung.

Neben der EMA wird auch die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA als Folge des Brexits einen neuen Standort erhalten, um den sich auch die deutsche Finanzmetropole Frankfurt am Main bewirbt.