Booker-Preis an Jamaikaner Marlon James

London (dpa) - Für einen Roman über ein versuchtes Attentat auf Reggae-Sänger Bob Marley hat Marlon James als erster jamaikanischer Schriftsteller den britischen Man Booker Prize gewonnen.

Der 44-Jährige nahm den wichtigsten Buchpreis des Landes am Dienstagabend in London entgegen. „Jamaika hat eine große literarische Tradition“, sagte er. „Es ist irgendwie surreal, der erste zu sein, und ich hoffe wirklich, dass ich nicht der letzte sein werde.“ James' Werk „A Brief History Of Seven Killings“ (Eine kurze Geschichte von sieben Tötungen) ist teils auf jamaikanischem Kreolisch geschrieben. Eine deutsche Fassung liegt noch nicht vor.

Die Entscheidung über die Vergabe sei nach etwa zwei Stunden Beratung einstimmig gefallen, sagte der Jury-Vorsitzende Michael Wood. In seinem dritten Roman beschreibt James einen Mordversuch an Bob Marley im Jahr 1976, den Aufschwung des Drogenhandels und die politischen Spannungen auf der Karibikinsel. Marley wird stets nur als „Der Sänger“ bezeichnet.

„Es ist keine leichte Lektüre. Es ist ein dickes Buch“, sagte Jury-Präsident Wood über das fast 700 Seiten dicke Werk des 44 Jahre alten Autors. Zudem werde viel geflucht. Der „Guardian“ hatte das Buch als „manchmal eher beeindruckend als leicht zu genießen“ bezeichnet - auch andere Kritiker urteilten, dass es sich zwar unbedingt zu lesen lohne, aber vom Leser auch viel fordere.

Marlon James kam in Kingston auf Jamaika zur Welt und lebt derzeit in Minneapolis in den USA, wo er als Dozent für Kreatives Schreiben arbeitet. Nur sein erster Roman „Tod und Teufel in Gibbeah“ ist bislang ins Deutsche übersetzt. „Ich hoffe, es bringt mehr Aufmerksamkeit für das, was aus der Karibik und Jamaika kommt“, sagte er auf einer Pressekonferenz nach der Preisverleihung.

Prinz Charles' Frau Camilla überreichte James den Preis, der mit 50 000 Pfund (67 000 Euro) dotiert ist. Er geht an Romanautoren, die auf Englisch schreiben und deren Werk in Großbritannien erschienen ist. Seit dem vergangenen Jahr ist die 1969 erstmals vergebene Auszeichnung offen für alle Nationalitäten. Bis dahin konnten nur Autoren aus Großbritannien, Irland, dem Commonwealth und Simbabwe gewinnen. Jamaika ist Teil des Commonwealth.

Auf der Shortlist stand neben James noch der Nigerianer Chigozie Obioma, dessen Debütroman „Der dunkle Fluss“ kürzlich in der Neuauflage der Literatursendung „Das Literarische Quartett“ sehr gelobt wurde. Außerdem schafften es zwei US-Amerikanerinnen und zwei Briten unter die letzten sechs. Im vergangenen Jahr hatte der Australier Richard Flanagan mit „The Narrow Road To The Deep North“ gewonnen, das im September als „Der schmale Pfad durchs Hinterland“ auch auf Deutsch erschienen ist.