BP-Chef muss um den Job bangen

Der Konzern ist in eine Schieflage geraten. Er bekommt die Katastrophe am Golf von Mexiko nicht in den Griff.

London/Hamburg. Als Tony Hayward (53) vor drei Jahren auf den Chefsessel bei British Petroleum rutschte, verpasste er dem Ölmulti eine neue Struktur. Sicher und zuverlässig sollte der Ölriese sein. Die grün-gelbe Sonne seines BP-Konzerns sollte für Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung strahlen. Nun kämpft der Saubermann mit dem Dreck im Wasser.

Inzwischen ist der BP-Chef, der zum Amtsantritt auch versprochen hatte, dass Sicherheitsfragen für ihn oberste Priorität besäßen, von der Ölpest im Golf von Mexiko - gegen den sein gesamtes Team bisher erfolglos ankämpft - als "Macher" entzaubert worden.

Nicht nur die US-Medien überschütten Hayward mit Häme, vor allem, weil er die Auswirkungen der Katastrophe lange verharmloste. Auch das unternehmernahe "Handelsblatt" fragt sich inzwischen, wann tritt Vorstandschef Hayward ab? Seine Tage dürften gezählt sein, da er inzwischen zu den unbeliebtesten Wirtschaftsführern in den USA zählt. Und die "Financial Times Deutschland", die sich in der Branche umgehört hat, kommt zum Ergebnis, dass "kaum noch einer glaubt, dass der 53-Jährige im Amt bleiben kann."

Auch von der Börse droht dem Ölmulti Ungemach. Weil seit sechs Wochen viele Tausend Barrel Öl den Golf von Mexiko schwarz färben, ist der Börsenwert des Ölmultis in den Keller gerauscht. Scharenweise trennen sich Anleger von ihren BP- Anteilscheinen. Die Kosten, die durch das Öl im Meer und an den Stränden auf BP zukommen, wagt niemand zu beziffern. Ein Ende ist noch gar nicht in Sicht.

"Erst eine Milliarde US-Dollar" habe das Desaster um den Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon" in den ersten fünf Wochen gekostet, sagt ein BP-Sprecher in London. Wie viel noch auf den Konzern zukommt, sagt er nicht. Eine Hochrechnung der Milliardenkosten, die BP am Ende tragen müsste, birgt viele unbekannte Faktoren, denn noch immer strömt das Öl aus und richtet immer neue Schäden an.

Der britische Versicherer Lloyds schätzt allein die Folgeschäden an den US-Küsten in einer Studie der letzten Woche auf bis zu 600 Millionen Dollar. BP ist nach eigenen Angaben gegen Entschädigungsforderungen über eine Tochterfirma abgesichert.

Bisher musste bei BP niemand trocken Brot essen. Allein im ersten Quartal 2010 steigerte der Konzern seinen Überschuss um 138 Prozent auf 6,2 Milliarden Dollar. Der Umsatz stieg um 54 Prozent auf gut 73 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr lag der Gewinn bei etwa 16,5 Milliarden Dollar, 2008 bei 25,6 Milliarden Dollar. Allein in Deutschland hat BP 2400 Tankstellen unter der Marke Aral und 5700 Mitarbeiter.

Nach dem Scheitern des jüngsten Versuchs, das Bohrloch zu schließen, schmierte der Kurs der BP-Aktie am Montag erneut um rund zehn Prozent ab, seit dem Untergang der Bohrinsel hat sich der Börsenwert von BP um geschätzte 50 Milliarden Dollar verringert.

Damit kritisieren auch BP-Aktionäre das Krisenmanagement des Vorstandschefs und sind um ihre bislang üppige Dividende (2009 insgesamt 10,5 Milliarden Dollar) besorgt. "Kürzt Hayward die Dividende", sagte ein Anteilseigner dem "Handelsblatt", "dann kann er sich einen neuen Job suchen".