Bundestrainer Joachim Löw: Der mit dem Schal jubelt
Joachim Löw ist nicht nur der „nette Jogi“. Viel zu lange wurde übersehen: Der Mann hat Eleganz und Stil.
Tenero. Otto Rehhagel hopst in einer griechisch blauen Trainingskluft herum, leicht glänzend und garantiert atmungsaktiv. Der italienische Trainer trägt zwar den filmreifen Namen Roberto Donadoni, aber auch eine zu lange Anzughose, die hässlich beult.
Bei einer Europameisterschaft hört das Elend leider nicht am Spielfeldrand auf. Viele Trainer tragen Anzug, weil ihr Verband das gerne sieht. Sie gucken dabei aber so kläglich, als sei ihnen dieser Aufzug seit dem Tag ihrer Konfirmation verhasst. Aber es gibt einen Lichtblick, und der heißt Joachim Löw.
Gut, man muss erst über seine Frisur über dem allzeit plüschigen Blick hinwegkommen: ein Playmobil-Schnitt, der zu dem putzigen Spitznamen "Jogi" passt. Aber ansonsten hat mit Löw ungeahnte Eleganz an der Seitenlinie Einzug gehalten. Franz Beckenbauer war wohl der erste, der konsequent Anzug zum Anpfiff trug. Doch der Kaiser war zwar immer gut betucht, aber in modischer Hinsicht nur solide. Der aktuelle Fußballer-Chef hingegen sieht einfach cool aus.
Joachim Löw trägt gern Anzug, und das mit Nonchalance - mal mit, mal ohne Krawatte, stets mit tailliertem Hemd. Oder er trägt ein weißes Stehkragenhemd unter grauem Pullover. Und wenn er seine Hemdsärmel im Eifer des Matches krempelt, dann wirken sie wie gebügelt.
Die Journalistin Dominique Feusi konnte in der Schweizer "Weltwoche" jedenfalls kaum an sich halten: "Jogi Löw und der Strenesse-Anzug, mein lieber Scholli, so muss eine Hose sitzen. Männer, die unaufgeregt einen gut sitzenden Anzug zu tragen wissen, sind rar."
Das wird Gerd Strehle freuen, dessen Firma Strenesse die Nationalmannschaft offiziell einkleidet. Löw ist nicht nur als Trainer ein Stratege, sondern hat im Vorfeld der Anzug-Übergabe ausführlich mit Strehle über den Sitz und die Wirkung in der Öffentlichkeit gesprochen. Und der lobt seinen Auftraggeber: "Er ist ein stilbewusster Mensch, der sich Mode sehr natürlich nähert."
Dann sind da ja auch noch die Schals: Im Winter darf es gerne Kaschmir sein, im Sommer auch mal Seide. Dafür gibt es eine schlichte physiologische Erklärung: "Ich bin am Hals empfindlich und werde schnell heiser."
Doch ein Seidenschal ist ein heikles Accessoire. Schließlich gibt es genug Männer, die so etwas krampfhaft in den Hemdkragen bauschen, um sich ein dandyhaftes Image zu verleihen, aber doch nur altväterlich wirken. Löw hingegen zieht sein Seidentuch wie einen Wollschal durch die Lasche und trägt es zum Anzug wie zum Anorak.
Seine klassische Designeruhr zeigt der Trainer meist am rechten Handgelenk, zum Training guckt er auf eine moderne Sportuhr
Glamour ist die Sache des "netten Herrn Löw" wohl nicht. Er wird nie laut, genauso wenig mag er knallige Farben: In Blau und Schwarz fühlt er sich am wohlsten. Er wirkt unaufdringlich, aber zu übersehen ist er keineswegs.
Damit ist er ein Gegenentwurf zu Kickern wie David Beckham, die mit extravaganten Tätowierungen und Frisuren um Aufmerksamkeit buhlen. Dieses Styling erschöpft sich beizeiten, auch wenn Ehefrau Victoria noch so rackert. Löws Stil wird überdauern.