Chinas Bevölkerung altert schnell
Peking (dpa) - Chinas Gesellschaft altert rapide. Immer mehr Chinesen sind älter als 60 Jahre. Die Bevölkerung ist in den vergangenen zehn Jahren jährlich nur noch um 0,57 Prozent auf 1,3387 Milliarden gestiegen.
Trotzdem will Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao unverändert an der strengen Ein-Kind-Politik festhalten. Bei der Vorlage der Ergebnisse der größten Volkszählung der Welt berichtete das Statistikamt am Donnerstag auch, dass es die Chinesen in die großen Städte zieht. Dort lebt heute schon jeder Zweite.
Die Vergreisung der Gesellschaft macht vielen Sorgen. Wegen der strengen Geburtenkontrolle fiel der Anteil der Chinesen unter 14 Jahren in den vergangenen zehn Jahren um gut 6 Punkte auf 16,6 Prozent. Ältere Menschen über 60 Jahre machen schon 13,26 Prozent der chinesischen Gesellschaft aus. Ihr Anteil stieg um knapp 3 Punkte. Wegen der traditionellen Bevorzugung von männlichen Nachkommen sind die Männer mit 51,27 Prozent ungewöhnlich stark vertreten - gegenüber 48,73 Prozent Frauen. In Deutschland ist das Verhältnis umgekehrt.
Da die Überalterung und das Ungleichgewicht der Geschlechter für eine Lockerung der seit den 1980er Jahren geltenden Ein-Kind-Politik sprechen, machte Präsident Hu Jintao am Vorabend deutlich, dass die Geburtenkontrolle nicht geändert werde. Er verwies auf die Reform und Entwicklung der Wirtschaft, die eng mit der Größe der Bevölkerung zusammenhänge. Für die ältere Bevölkerung müssten vielmehr die sozialen Dienste verbessert werden. Nach Angaben von Experten betrifft die Ein-Kind-Politik - wegen vieler Ausnahmen - ohnehin nur noch ein Drittel der Bevölkerung.
Ein starker Trend ist die Urbanisierung: Die Zahl der Chinesen, die heute in Städten lebt, stieg auf 665,57 Millionen. Damit lebt jeder zweite Chinese (49,68 Prozent) in einer Stadt. Der Anteil ist um 13 Prozentpunkte größer als noch vor zehn Jahren. Für den großen Zensus, der nur alle zehn Jahre stattfindet, waren im November sechs Millionen Volkszähler zehn Tage lang von Tür zu Tür gegangen und hatten 400 Millionen Haushalte besucht.
90 Prozent der Befragten mussten 18 Fragen beantworten - unter anderem nach Namen, Geschlecht, Ausbildung, ethnischer Zugehörigkeit und der streng gehandhabten Wohnortanmeldung, von der in China der Zugang zu sozialen Diensten oder der Schulbesuch abhängig ist. Zehn Prozent mussten sogar 45 Fragen beantworten. Hier ging es auch um Gesundheit, Beschäftigung, Umzüge, die Wohnverhältnisse - etwa ob die Wohnung gekauft oder gemietet ist oder wie viele Zimmer sie hat. Auch wurde gefragt, wie hoch die Miete ist.
Mit dem zunehmenden Wohlstand haben immer mehr Chinesen die Erhebung als Eingriff in den Privatbereich empfunden. Die Volkszähler standen häufig vor verschlossenen Türen, doch war bei der Vorlage der Ergebnisse von einem „Erfolg“ die Rede. Wegen der Ein-Kind-Politik wollten viele Familien nicht mitgezählt werden, weil sie ihre zusätzlichen Kinder gar nicht oder an anderen Orten angemeldet haben. Auch die mehr als 200 Millionen Wanderarbeiter, die oft am Rande der Gesellschaft leben, hatten wenig Interesse, über ihren Status und ihre Wohnortregistrierung Auskunft zu geben.
Ihre Zahl steigt offenbar auch. Nach den Ergebnissen der Volkszählung leben 261 Millionen Chinesen seit mehr als sechs Monaten nicht an dem Ort, wo sie sich angemeldet haben. Experten plädieren immer wieder dafür, das strenge Meldesystem zu lockern, um den Wanderarbeitern und ihren Familien auch Zugang zu sozialen Diensten in anderen Städten zu geben.