Concorde – der Prozess
Zehn Jahre nach der Katastrophe sucht ein Gericht nach den Schuldigen für das Flugzeugunglück.
Pontoise. Der Traumflug nach New York mit der Concorde endete am 25. Juni 2000 für 97 deutsche Urlauber in einem Inferno. Kurz nach dem Start in Paris stürzte der legendäre Überschalljet brennend in ein Hotel. Fast zehn Jahre danach hat am Dienstag bei Paris der Prozess gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen der Flug-Katastrophe begonnen.
Das Verfahren droht in einem Expertenstreit zu versinken. Zwei mit insgesamt 534 Beweisstücken belegte Versionen des Unfalls stehen sich gegenüber. Dabei gerät auch die Glaubwürdigkeit der Experten des Luftfahrtamtes DGAC ins Visier. Angeklagt sind die US-Fluggesellschaft Continental Airlines und zwei ihrer Techniker, ein ehemaliger Mitarbeiter des DGAC und zwei Verantwortliche des Herstellers Aérospatiale.
Beim Start rollte die Concorde über eine Metall-Lamelle, die von einer alten DC-10 der US-Fluggesellschaft Continental abgefallen war. Die Lamelle war bei der Reparatur des Schubumkehr-Mantels offenbar unsachgerecht an die DC-10 angebracht worden. Und sie war aus dem falschen Material: steifem Titan. Die Folgen waren tödlich: Ein Reifen der Concorde platzte, Reifenteile durchschlugen den im Flügel eingebauten Tank, und der ausströmende Treibstoff fing Feuer.
Ist also Continental Schuld? Alles Unsinn, sagt der von Continental engagierte Staranwalt Olivier Metzner. Die Concorde habe schon 800 Meter vor der Stelle gebrannt, an der die DC-10 das Metallstück verloren hatte. Der Reifen soll zerfetzt sein, als die Concorde über eine Kante in der Rollbahn fuhr.
Beide Theorien sollen in dem Prozess geklärt werden. Die letzten Plädoyers sind für den 28. Mai angesetzt; das Urteil wird im Herbst erwartet. Mehr als 150 Journalisten verfolgen den Gerichtsprozess in Pontoise bei Paris.
Besondere Bedeutung hat das Verfahren für französische Hinterbliebene: Denn die wurden bislang nicht abgefunden. Die Angehörigen der 97 deutschen Urlauber bekamen noch im Jahr der Katastrophe insgesamt rund 100 Millionen Euro ausgezahlt. Dafür verzichteten sie auf weitere Forderungen.