Contergan: Opfer fordern acht Milliarden Euro

Pharma: Boykottaufruf von Contergan-Geschädigten gegen Hersteller.

Stolberg. Mit einer bundesweiten Kampagne haben Conterganopfer zum Boykott von Produkten der Dalli-Gruppe aufgerufen. Die Aktion richtet sich gegen die Unternehmerfamilie Wirtz. Dieser gehören der frühere Conterganhersteller Grünenthal und die Dalli-Gruppe, die Waschmittel und Kosmetika herstellt.

Mit Flugblättern forderten die Opfer Kunden vor dem Werksverkauf in Stolberg bei Aachen zum Kauf-Boykott von Waschmitteln und Parfüms auf. "Wir fordern von der Familie Wirtz, dass sie mit ihrem Firmenkonsortium den Gesamtschaden von acht Milliarden Euro ersetzt", teilten zwei Opferverbände mit.

Die Kampagne ist die Bekräftigung eines seit drei Jahren existierenden Boykottaufrufs. In dem Versuch, gerichtlich dagegen vorzugehen, war die Dalli-Gruppe im vergangenen Jahr gescheitert. Das Schlafmittel Contergan der Firma Grünenthal hatte Ende der 50er Jahre einen der größten Arzneimittelskandale in der deutschen Geschichte ausgelöst. Weltweit kamen 10000 Kinder mit schweren körperlichen Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt.

Durch seine Kaufentscheidung könne der Verbraucher Position beziehen. "Kaufen Sie die Produkte nicht mehr, sagen Sie: Verehrte Familie Wirtz, ersetzen Sie endlich alle Schäden der Conterganopfer!", heißt es in einem Flugblatt. Vom Dalli-Standort Stolberg ausgehend werde die Kampagne bundesweit vor Geschäften mit Dalli-Produkten laufen. Das kündigte der Vorsitzende des Bundes Contergangeschädigter und Grünenthalopfer (BCG), Andreas Meyer, an.

Vor allem der Bürger trage den Schaden mit, stellten die Verbände mit Blick auf die Auszahlungsbilanz der Stiftung fest. Die Conterganstiftung zahlte nach eigenen Angaben bis Ende 2008 rund 460 Millionen Euro Rentenleistungen aus. Mit rund 100 Millionen Euro kommt nur ein Teil von Grünenthal. Der Rest sind Steuermittel.