Zwangspause für Junglehrer
Schule: Jahrelang haben die Politiker massiv für den Beruf geworben – jetzt gibt es zu viele Lehramtskandidaten.
Düsseldorf. Eigentlich, sagt Jana S., habe sie doch alles richtig gemacht. In diesem Mai ist sie mit ihrem Studium fertig geworden: Geschichte und Geografie auf Lehramt, Note 2,8. Nach den Sommerferien sollte es mit dem Referendariat losgehen. Dafür hatte sich die 25 Jahre alte Studentin der Universität Münster im April beworben.
"Ich dachte, dass ich im August anfangen kann", sagt sie. Doch jetzt hält Jana frustriert einen Ablehnungsbescheid in den Händen. Im neuen Schuljahr steht für sie kein Referendariatsplatz bereit. Der Grund: Ihre Note ist zu schlecht. Deswegen muss Jana jetzt bis Februar 2011 warten. Dann startet die nächste Vergaberunde.
So wie Jana geht es zurzeit vielen Studenten in NRW, die auf Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen studiert haben. Denn erstmals seit zehn Jahren hat das Bundesland kurzfristig einen Numerus clausus (NC) für den Zugang ins Referendariat eingeführt - und der liegt nach Informationen des Philologenverbandes NRW bei 1,7. Eine Erblast der alten Regierung. Damit wollte die mittlerweile abgelöste Schulministerin Barbara Sommer (CDU) der großen Anzahl von Bewerbern in diesem Jahr Herr werden. Sommer ist weg, der NC bleibt.
Wegen des Lehrermangels an den Schulen hatte die Landesregierung mit der Aktion "Zukunftsberuf Lehrer/in NRW" in den vergangenen Jahren massiv für den Beruf geworben - anscheinend so erfolgreich, dass es nun nicht genügend Referendariatsplätze für alle gibt. Gegen das neue Zulassungsverfahren laufen jetzt Hunderte Lehramtsstudenten Sturm. Der Grund: Sie fühlen sich völlig unzureichend informiert.
"Uns stört, dass niemand von einem Zulassungsverfahren wusste", sagt Clarissa Stahmann, Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) der Universität Münster. Die Regierung selbst ging offensichtlich auch nicht davon aus. In Informationsbriefen, die zum Beispiel im Frühjahr von den Bezirksregierungen an die Bewerber verschickt worden waren, sei von einem "nicht zu erwartenden NC-Verfahren" die Rede gewesen. "Es wurde kommuniziert, dass dieser Passus aus rechtlich formalen Gründen erwähnt werden muss", kritisiert Stahmann.
Dass es nun tatsächlich ein Zulassungsverfahren gibt, davon seien die Studenten total überrascht worden. "Viele, die fest mit einem Platz gerechnet haben, hängen jetzt ein halbes Jahr in der Luft." So wie Jana S.: "Ich muss mich selbst finanzieren und bin fest von dem Referendariatsgehalt ab August ausgegangen", sagt die Studentin, die ihren vollen Namen nicht nennen möchte.
Pikant ist zudem, dass mit dem Zulassungsverfahren auch der Termin für die Abgabe aller Bewerbungsunterlagen samt Zeugnissen vorverlegt wurde: auf den 18. Juni. Ohne Zulassungsverfahren wäre diese Frist am 9.August geendet. Das sollte den Studenten die Möglichkeit geben, ihre Abschlusszeugnisse nachreichen zu können. Denn viele Prüfungen fallen auf Termine im Juni oder Juli.
Die Vorverlegung hat nun dazu geführt, dass einige Bewerber ihre Unterlagen zum Stichtag 18. Juni nicht rechtzeitig vorlegen konnten. Besonders heikel: Den Termin hatte das Schulministerium erst zwei Wochen vorher bekanntgegeben. "Die Prüfungstermine werden von den Prüfungsämtern der Hochschulen vergeben", sagt Jan S. Weber vom Asta der Uni Köln.
"Die Studenten haben darauf keinen Einfluss. Es war daher Glück oder Pech, ob ihre Prüfung vor dem 18. Juni lag oder erst danach." Der Philologenverband geht nun davon aus, dass von insgesamt rund 2000 Bewerbern nur rund 950 genommen werden.