Cool in Kunstfasern - Ausstellung über Mode der 70er
München (dpa) - Die 1970er Jahre waren bunt und zügellos - das zeigte sich auch in der Mode. Das Münchner Stadtmuseum präsentiert einen Überblick über Schlaghosen, neonfarbene Hotpants und Hippie-Fransen.
Damals war Mode noch politisch - und München noch verrückt.
Die wilden 70er hatten ihren Namen nicht umsonst. Flower Power, freie Liebe, LSD und Marihuana prägten das Lebensgefühl einer ganzen Generation - und das zeigte sich auch in ihrer Mode. Knalliger Hippie-Look mit Fransen, Cowboy-Hemden mit Nieten, Schlaghosen, Krawatten so breit wie Servietten - und Hotpants, die gerade eben das Nötigste bedecken. Die Mode der 1970er Jahre war vor allem eins: „Geschmacksache“. Genau so heißt eine neue Ausstellung im Münchner Stadtmuseum, die dort seit Freitag (25. Januar) zu sehen ist. Sie gibt einen Überblick über das, was damals, vor rund 40 Jahren, so los war in den Kleiderschränken der Deutschen.
Die Mode war vor allem verdammt bunt, grell und vielseitig. „Es hat unglaublich viel nebeneinander gegeben“, sagt Kuratorin Isabella Belting. „In kaum einer anderen Dekade hat Mode so stark polarisiert.“ Denn erstmals in der Modegeschichte galt weitgehend: Erlaubt ist, was gefällt. „In den 50er und 60er Jahren gab es strenge Modediktate. Da wurde ja zentimetergenau abgemessen, wie kurz ein Rock sein muss.“ In den 70ern gab es dann Mini, Midi oder Maxi - je nachdem, worauf Frau gerade Lust hatte. „Den Hippies haben wir letztendlich den Aufbruch in der Mode zu verdanken.“
Da gab es sportliche Overalls neben Abendkleidern mit Rüschen, Etui-Kleidern neben zerrissenen Hosen. Die Jeans wurde gesellschaftsfähig und selbst Männer durften Plateau-Schuhe tragen. Das Cord-Sakko über dem engen Rollkragenpullover wurde zur Uniform schlauer, aber betont lockerer Intellektueller - und die Kunstfaser trat ihren Siegeszug an. „Cool in Kunstfasern“ wurde für viele zum Motto.
In anderthalbjähriger, mühevoller Arbeit hat Belting die Exponate zusammengetragen - aus dem Museumsbestand, Second-Hand-Läden und Leihgaben berühmter Münchner. Schauspielerin Uschi Glas zum Beispiel hat ein Abendkleid beigesteuert, das sie in den 70er Jahren zum Deutschen Filmball im Bayerischen Hof trug. Dazu gibt es neckische Kleidchen von Ex-Sex-Ikone Ingrid Steeger und einen Mantel der verstorbenen Sängerin Margot Werner aus echtem Affenpelz. „Ein Bewusstsein für so etwas wie Tierschutz gab es damals einfach noch nicht“, sagt Belting. „Auch wenn sich uns da heute das Herz umdreht.“
Die unterhaltsame Ausstellung, die auch vor dem Disco-Trend und damit verbundenen Glitzer-Klamotten nicht Halt macht, gibt einen Einblick in das Lebensgefühl von damals, als Mode noch politisch war und Militär-Parker von engagierten Zivilisten noch getragen wurden, um eine pazifistische Grundgesinnung zur Schau zu tragen. „Heute gibt es ja auch Bikinis im Military-Look“, sagt Belting. „Das ist vielleicht immer noch chic, aber es hat seine Bedeutung, seinen Wert verloren.“
Doch eine modepolitische Haltung ist nicht das einzige, was mit der Zeit verschwunden ist. „München war früher eine Mode- und Szenemetropole“, sagt Belting. Die Rolling Stones trieben sich in der Münchner Clubszene herum, Tina Turner und Freddy Mercury. „Das war richtig verrückt damals. Heute geht eine elitäre Schicht ins P1.“ Und die Mode-Szene, so fügt sie hinzu, sei inzwischen weitgehend nach Berlin abgewandert.