„Leider notwendig“ Lauterbach will verschärfte Corona-Maßnahmen - Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden fast verdoppelt

Erneut ist ein deutlicher Anstieg bei den Corona-Neuinfektionen in Deutschland gemeldet worden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will eine Verschärfung der Maßnahmen.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, will angesichts steigender Corona-Zahlen eine Verschärfung der Maßnahmen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bei der nächsten Bund-Länder-Konferenz am Freitag neben verkürzten Quarantäne-Zeiten auch eine weitere Verschärfung der Kontaktbeschränkungen wegen der drohenden starken Ausbreitung des Coronavirus durchsetzen. "Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle, die auf uns zukommt, zu begegnen", sagte Lauterbach den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Mittwochsausgaben). Unterdessen nahm die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland deutlich zu.

Für die Kampagne zu Auffrischungsimpfungen rief der Gesundheitsminister ein neues Ziel aus. "Nach der Modellierung des Robert-Koch-Instituts sollte das Ziel sein, dass mehr als 80 Prozent der doppelt geimpften auch geboostert sind, also rechnerisch 56 Prozent der Bevölkerung", sagte er dem RND. Die zusätzlichen Kontaktbeschränkungen zusammen mit den Auffrischungen würden den R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt, sinken lassen.

Laut dem RND-Bericht sind bislang 59,3 Millionen Menschen doppelt geimpft. 32,7 Millionen Menschen haben eine Auffrischungsimpfung erhalten. Das entspricht einem Anteil von 55 Prozent aller doppelt Geimpften. Lauterbachs 80-Prozent-Ziel bedeutet demnach, dass rund 47,5 Millionen Menschen eine Booster-Impfung erhalten müssen. Das sind rund 15 Millionen Menschen mehr als derzeit.

Unter den Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren sind dem Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, zufolge bereits 8,5 Prozent geimpft worden. Die Nachfrage unter den interessierten Eltern sei "hoch", sagte Dötsch dem RND.

Lauterbach warb erneut für eine baldige Einführung der allgemeinen Impfpflicht. "Die Impfpflicht muss schnell kommen", sagte er dem RND. Er arbeite an einem Vorschlag für eine Impfpflicht für Menschen über 18 Jahren.

Lauterbach will Quarantänedauer verkürzen - Deutsche Lehrerverband mahnt zur Vorsicht

Lauterbach verteidigte zudem seinen Vorstoß, die Quarantänedauer zu verkürzen. Studien zeigten, dass die Generationszeit - also die Phase, in der sich das Virus im Körper ausbreitet und die Phase, in der ein Mensch ansteckend ist - bei Omikron viel kürzer sei. "Wir können also bis zu einem gewissen Grad die Quarantänezeit verkürzen, ohne ins Risiko zu gehen", sagte er.

Die Verkürzung sei auch notwendig, da "bestimmte Bereiche der kritischen Infrastruktur" durch zunehmende Ansteckungen von Personalmangel betroffen sein könnten - insbesondere Krankenhäuser, Altenpflege sowie Polizei, Feuerwehr und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität. Für diese Bereiche seien neue Quarantäne- und Isolationsregeln nötig. Auch die Bereiche Schule und Reisen müssten bedacht werden, betonte der Minister.

Der Deutsche Lehrerverband mahnte im Fall der Schulen zur Vorsicht. "Eine unangemessen große Verkürzung der Quarantänezeiten könnte sich als Bumerang auch für den Schulbetrieb erweisen, wenn dadurch die Gefahr der Ansteckung steigt und nicht fällt", sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, dem RND.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte die Kultusminister der Länder unterdessen zu einem Bekenntnis gegen Schulschließungen auf. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" versprach sie den Ländern Unterstützung vom Bund "mit allem, was notwendig ist".

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer treffen sich am Freitag mit Vertretern des Bundes, um die Pandemie-Situation in Deutschland neu zu bewerten. Die Spitzen von Bund und Ländern wollen über eine Verkürzung der Quarantäne- und Isolationszeiten beraten, mit der personelle Engpässe bei wichtigen Einrichtungen vermieden werden sollen.

(AFP)