Präzisionismus „Cult of the Machine“: Ausstellung in San Francisco
San Francisco (dpa) - Das überdimensionale Abbild eines silbrig schimmernden Propellerflugzeugs klebt an der eleganten Fassade des de Young-Kunstmuseums in San Francisco - neben dem Schriftzug „Cult of the Machine“.
Die Ausstellung über den „Maschinenkult“ beschäftigt sich mit dem Präzisionismus, der amerikanischen Kunstbewegung in den 1920er und 1930er Jahren, die sich mit der industriellen Revolution auseinandersetzt.
In ihrem Öl-Gemälde „Aeroplane“ (1928) bildet die „Precisionism“-Künstlerin Elsie Driggs das metallische Propellerflugzeug vor einem leuchtenden Himmel ab, inspiriert von ihrem ersten Flugerlebnis. Mehr als 100 Werke haben Museumsdirektor Max Hollein und Kuratorin Emma Acker für „Cult of the Machine“ zusammengetragen: Gemälde, Fotografien, Designgegenstände, Filme.
Es ist „der richtige Moment“ am perfekten Ort für diese Ausstellung, sagt Hollein. Im Sommer 2016 wechselte der gebürtige Österreicher vom Frankfurter Städel Museum nach Kalifornien. Das Tech-Mekka San Francisco und das benachbarte Silicon Valley stecken inmitten der nächsten großen industriellen Revolution. „Schon in den 1920er Jahren hatte man natürlich Angst, dass die Maschinen und Roboter Arbeitsplätze wegnehmen“, sagt Hollein.
In „City Night“ von Georgia O'Keeffe (1887-1986) ragen düstere Wolkenkratzer in den Mondhimmel von Manhattan. Bekannt ist die US-Künstlerin für Bilder von Wüstenlandschaften und Blumen, hier malt sie auch rauchende Schornsteine und Industrieanlagen.
Der 1883 geborene Künstler Charles Sheeler ist vor allem durch seine Bilder von Industriebauten berühmt. So fotografierte und malte Sheeler die Werke des Autobauers Henry Ford im US-Staat Michigan, damals die größte Industrieanlage der Welt. Die menschenleeren Fabriklandschaften haben eine starke Leuchtkraft von fast schöner Ästhetik. Oder schwingt in der Abbildung des maschinellen Zeitalters doch eine Angst mit, wenn Sheeler in „Suspended Power“ (1939) eine riesige Turbine neben winzig kleinen Arbeitern zeigt?
„In diesen neuen Landschaften aus Stahl entdeckten viele Künstler etwas, das sie unglaublich aufregend und schön fanden“, erklärt die Kuratorin Emma Acker. „Doch wir können das heute mit gemischten Gefühlen betrachten, mit Bedenken über die Folgen von technischen Innovationen.“
Kritik an den Auswüchsen der Industrialisierung brachte Charlie Chaplin 1936 in dem Stummfilm „Modern Times“ ergreifend zum Ausdruck. Fließband-Szenen aus dem Film, in dem der Mensch nur noch ein Rädchen in der Produktion ist, werden in der Ausstellung großformatig projiziert. „Wie visionär war Chaplin und wie subversiv war es, das Ganze als Slapstick einzubauen“, begeistert sich Hollein.
Düster wirkt auch das Gemälde „War Bride“ (1940) von Clarence Holbrook Carter, der eine Braut in Kriegszeiten in ein Stahlwerk versetzt, als würde sie alleine in einer Kirche stehen. Andere Werke feiern die geometrischen Formen und den metallischen Glanz der neuen Technik. In dem überdimensionalen Gemälde „Watch“ (1925) von Gerald Murphy greifen die Zahnräder eines Uhrwerks ineinander.
Die heutige Tech-World, die mit Robotern und künstlicher Intelligenz in die sogenannte vierte industrielle Revolution eintritt, ist in der Ausstellung allgegenwärtig. Zitate von Innovatoren wie Apple-Mitgründer Steve Jobs, Designer Jonathan Ive und dem Visionär Ray Kurzweil prangen an den Wänden. Als Begleitprogramm zu der Schau sind Gesprächsrunden mit Vertretern der Tech-Branche geplant.
Auch die Besucher können an einer Installation ihre Meinung abgeben. Sie wählen Worte aus einer Vielzahl von Begriffen mit einer Bandbreite von Skepsis bis Euphorie aus, die ihr Verhältnis zur Technologie beschreiben. „Daraus wird sich im Laufe der Zeit ein Stimmungsbild ergeben, so wie die Ausstellung selbst eine Reflektionsplattform ist“, sagt Hollein. „Wenn man in 100 Jahren auf unsere Zeit blicken wird, wird man ganz klar sehen, dass das einer der großen Wendepunkte war, nicht nur der Wirtschaft sondern auch des menschlichen Zusammenlebens.“