Das Feuer des Steins entfachen - Der Schliff von Edelsteinen

Idar-Oberstein (dpa/tmn) - Erst der Schliff macht aus einem Diamanten einen Brillanten und bringt auch andere Edelsteine zum Glitzern und Funkeln. Nicht umsonst spricht man in ganz anderen Zusammenhängen von Rohdiamanten, deren Schönheit noch im Verborgenen liegt.

Wenn es um Diamanten geht, hat Schmuckschleifer Karl-Otto Wild eine klare Auffassung. „Die meisten wünschen für den Diamanten den klassischen Brillantschliff. Das macht es langweilig“, sagt der Edelsteinschleifer aus Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. Der Schmuck- und Edelsteindesigner Klaus Schäfer ist noch kritischer: „Der klassische Brillantschliff ist eine lustlose Sache.“ Denn er lasse keinen Raum für individuelle Gestaltung. Schleifer haben viele Möglichkeiten, Edelsteine zu bearbeiten und zum Strahlen zu bringen - und Schmuckkäufer oft mehr Auswahl als gedacht.

„Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei Schliffarten“, erläutert Jeanette Fiedler, Geschäftsführerin des Weiterbildungsinstituts für den Uhren- und Schmuckeinzelhandel (USE) in Pforzheim. Da gebe es zum einen den Facettenschliff, mit dem unter anderem Brillant-, Rosen-, Treppen- und Scherenformen gestaltet werden. „Der Brillantschliff hat immer 57 Facetten, also glattpolierte Flächen“, erklärt die Expertin. Ursprünglich durften Schleifer nur den Diamant damit formen, da der Schliff eigens für seine Tropfenform entwickelt wurde, sagt Wild. Dadurch wird er im Idealfall völlig transparent.

Die zweite Variante ist der Glattschliff. Darunter fällt der wohl berühmteste Schliff, der Cabochon. „Das sind die runden Formen, die sich vor allem für undurchsichtige Steine mit satten, intensiven Farben gut eignen“, erklärt Fiedler. Findet man etwa einen Bernstein, ist er milchig. Erst durch den Schliff werde er glänzend und durchscheinend. Schmuckgestalter entscheiden sich oft bei nicht ganz perfekten Steinen für den Glattschliff.

Der gemischte Schliff, auch Fantasieschliff genannt, vereinigt die Stile des Glatt- und Brillantschliffs, erläutert Thomas Fürstenberg-Franzmann, ebenfalls Edelsteinschleifer aus Idar-Oberstein, die deutsche Hochburg für Edelsteinschliff. Mit der gemischten Methode lassen sich individuelle Wünsche der Schmuckkäufer, aber auch Modeerscheinungen gut umsetzen.

„Bei den Fantasieschliffen gibt es Pferdeköpfe, Buchstaben und sogar Tannenbäume“, nennt Fiedler Beispiele. Gerade mit modernen Lasern kann viel gestaltet werden. Einer der beliebtesten modernen Schliffe ist der „Princess Cut“ (deutsch: Prinzessinnenschliff). Eckige Steine erhalten bevorzugt diese Form. Sie bekommen an ihrer Oberseite vier diagonale Kanten, die sich in der Mitte kreuzen. So wirkt der Stein wie eine sehr flache Pyramide, die von oben betrachtet wird.

Fantasieschliffe ermöglichen dem Fachmann, auf die Beschaffenheit des Rohsteins einzugehen, erläutert Fürstenberg-Franzmann. Er werde dabei angelehnt an seine natürliche Form weiterverarbeitet. „Der Schliff eines Edelsteins ist ein wichtiger Wertfaktor, der noch dazu die Schönheit und Brillanz des Steins erst hervorhebt“, sagt Jeanette Fiedler. Auch sie rät dazu, die Schliffform stets nach der Beschaffenheit des Rohsteins zu richten. Dieser habe oft eine geometrische Form. Runde Smaragde etwa kämen eher selten vor, so dass sich für diesen beliebten grünen und häufig rechteckigen Stein ein Treppenschliff anbiete. Dieser werde daher auch Smaragdschliff genannt.

Der Fachmann wählt den Schliff zudem nach der Farbe und der Reinheit des Steins aus. „Man muss sehr genau schauen, wie viele Einschnitte, also kleine Risse oder Verunreinigungen, ein Rohstein hat“, sagt Wild. Das muss nichts Negatives sein: In Bergkristalle können beispielsweise andere Mineralien eingewachsen sein, die sich durch den entsprechenden Schliff schön zur Geltung bringen lassen.

Bei anderen Steinen sorgt der richtige Schliff für interessante Farbspiele: „Der Turmalin kann in die eine Richtung schwarz schimmern, in die andere grün, oder auch dunkelrot und rosa“, erklärt Wild. Rubine kommen in klarer Form vor - ein Facettenschliff sei passend.

In der Regel kommen die Juweliere und Schmuckdesigner zu den Schleifern. Aber manchmal bringen Schmuckkäufer Rohsteine aus dem Urlaub mit, etwa aus Sri Lanka oder Thailand, und wollen sie formen lassen, berichtet Wild. Und andere haben Schätze in Omas Schmuckschatulle, die man umarbeiten kann. Ein Beispiel sind Amethyste, die in größerer Form mit Steinrand häufig als Dekoration im Regal stehen. Sie können geschliffen und zu Schmucksteinen geformt werden.

„Es geht darum, durch den Schliff viel Licht in den Stein zu lenken und ebenso viel wieder herauszuholen, damit es schön funkelt“, sagt Edelsteinschleifer Fürstenberg Franzmann. Experten sprechen davon, das Feuer eines Steins zu entfachen.