Das Horror-Rennen von Aintree
Jedes Jahr sterben auf dem extrem halsbrecherischen Parcours mehrere Pferde. Tierschützer und Besucher sind außer sich.
Aintree. Hufe, Hüte und Millionen: Dieser Dreiklang ist typisch britisch. Doch wenn am Samstag in Aintree bei Liverpool der Startschuss für das berüchtigtste Hindernisrennen der Welt fällt, wollen viele Pferdefreunde einen großen Bogen um den Fernseher machen. Bei dem brutalen Spektakel kommen jedes Jahr so viele Vierbeiner um, dass die Kritik an der Tradition wächst.
Pferdesport ist für Briten das Höchste der Gefühle und, nebenbei, nach Fußball der umsatzstärkste Sport im Königreich. Doch nach Problemen mit Randalierern und Saufbolden in Ascot leidet nun auch das Image von Aintree: Weil Donnerstag schon wieder ein Wallach beim Hindernis-Turnier tot zusammengebrochen ist, liegen die Nerven der Veranstalter vor dem Publikumsmagneten, dem „Grand National“, blank.
Schon vor Auftakt der traditionellen Galopp-Jagdrennen gab es Kritik von Tierschützern an dem „Pferdefriedhof Aintree“. Seit 2000 sind bei dem Hauptrennen 36 Tiere verendet. Mit Hindernissen bis zu 1,60 Meter Höhe gilt der Parcours als härteste Herausforderung. 30 Hürden sind über die Strecke von gut sieben Kilometer zu meistern. Elf schaffte Wallach „Battlefront“ am Donnerstag, dann versagte sein Herz.
Angesichts der ohnehin massiven Kritik ein Gau, den Veranstalter John Baker eilig kleinredete: „Man kann im Pferdesport, genau wie in allen anderen Sportarten, nicht alle Risiken ausschalten“, meint Baker.
Viele Menschen sehen das anders: „Ein Chaos, das mir den Magen umdreht“, kritisiert Andrew Tyler von der Tierschutzorganisation „Animal Aid“ die Veranstaltung. Empörte Besucher sprachen auch nach dem ersten Aintree-Opfer am Donnerstag von einer „nationalen Schande“. Der Tod von „Battlefront“ ist besonders pikant, weil Reiterin Katie Walsh den Sport in der hitzigen, öffentlichen Debatte kurz zuvor noch verteidigt hatte: „Unsere Pferde werden besser behandelt als manche Kinder.“
Auf einem anderen Galopper will sie am Samstag nun als erste Frau in der über 170-jährigen Geschichte von Aintree den Sieg beim Grand National davon tragen. Bei dem Höhepunkt des Frühjahrsrennens setzten die Wettstuben über 600 Millionen Euro um.