Der Charmeur mit goldener Stimme
Karel Gott wird am Montag 75. Mit Liedern wie „Biene Maja“ hat der Schlagersänger seit Jahrzehnten Erfolg.
Prag. Für seine Fans ist er einfach nur der „Meister“: Seit mehr als fünf Jahrzehnten begeistert der Tenor Karel Gott seine Zuhörer mit immer wieder neuen Ohrwürmern. An „Bei uns war immer Babicka“ erinnern sich die Großeltern. In „kleine, freche, schlaue Maja“ stimmt die mittlere Generation ein. Und die ganz Jungen denken unweigerlich an Gotts Duett mit Rapper Bushido. Am Montag feiert Karel Gott seinen 75. Geburtstag.
Das heißt, eigentlich hat Gott — er heißt wirklich so — sogar schon am Wochenende vorgefeiert. Auf dem Pferdegestüt und Bauernhof-Ressort „Storchennest“ des tschechischen Finanzministers Andrej Babis empfing er im kleinen Kreis Familie und engste Freunde aus dem Showbusiness. „Karel hat nur gestrahlt“, sagte der Regisseur Jiri Adamec.
„Von einer großen Feierlichkeit kann keine Rede sein, denn 75 zu werden ist kein besonderes Verdienst“, hatte der Sänger vor einigen Tagen schon gesagt. Und für Herbst plant er eine große Tournee, die ihn in zehn tschechische und slowakische Städte führt.
Dass aus dem Elektrotechnik-Lehrling von einst ein Weltstar des Schlagers werden würde, der Konzerte von Moskau bis New York gibt, war nicht vorgezeichnet. Er hätte auch Maler werden können, bestand aber die Aufnahmeprüfung an der Kunstakademie nicht. Dann hatte er Glück, als der russische Tenor Konstantin Karenin in Prag sein Lehrer wurde. Der brachte Gott nicht nur die Kunst des Belcanto bei, sondern tolerierte auch seine Popambitionen.
Stark beeindruckte den jungen Gott dann ein Gastspiel in Las Vegas, dem Mekka der Unterhaltungsbranche. Er lernte von den ganz Großen wie Frank Sinatra vor allem eines: Disziplin. „Es gibt nur ein einziges ,Attest’, das die Absage eines Konzerts berechtigt: die Sterbeurkunde“, merkt sich der junge Gott.
Er bekam Angebote, in Amerika zu bleiben. „Ich entschied mich aber, meinem europäischen Publikum treu zu bleiben, das mich geprägt hat, mich nie verraten hat und auf das ich mich verlassen kann“, erklärt Gott. Bereut habe er das nie.
Der Erfolg kam Schlag auf Schlag: Mit dem Udo-Jürgens-Lied „Tausend Fenster“ trat er 1968 im Eurovision-Songcontest für Österreich an (Platz 13). Dann wurde das Album „Die goldene Stimme aus Prag“ Nummer eins in Deutschland. Es folgten Goldene Schallplatten 1979 für „Triumph der goldenen Stimme“ und 2010 für „Für immer jung“.
Kritiker halten Gott seine Karriere in der Zeit des Sozialismus vor. Er unterzeichnete die „Anticharta“, die sich gegen die Bürgerrechtsbewegung richtete. Doch er war es auch, der bei der friedlichen Wende vor 25 Jahren mit den Demonstranten auf dem Wenzelsplatz in die Nationalhymne einstimmte.
Karel Gott eroberte nicht nur die Schlager-, sondern auch die Frauenwelt. Der Kavalier der alten Schule liebte schnelle Autos, überlebte zwei schwere Unfälle. Inzwischen genießt der einst wilde Junggeselle das Familienleben mit Frau und zwei Töchtern: „Sie geben mir eher Energie, als sie zu nehmen.“