Der Held, der keiner sein will

Florian R. rettete einen schwer verletzten Rechtsanwalt aus den Flammen. Nach Bluttat sofort auf Hilferufe reagiert.

Foto: privat

Erkrath/Solingen. Florian R. klingt müde und erschöpft. Körperlich geht es dem 36-Jährigen gut.

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Die Ereignisse des vergangenen Freitags, seinen Einsatz bei der Mordserie in Anwaltskanzleien, muss er allerdings noch verarbeiten. Der Solinger ist ein Held.

Er hat ohne nachzudenken einen schwer verletzten Rechtsanwalt aus den in Flammen stehenden Büroräumen der Anwaltskanzlei in Erkrath gerettet.

„Es war so gegen 12.30 Uhr, als ich einen Knall aus dem Büro auf der Etage über meinem Büro gehört habe“, erinnert er sich. Ob auch eine Frau um Hilfe gerufen hat, das weiß er heute nicht mehr.

Seine Chefs waren in der Mittagspause, eine Kollegin saß im Büro nebenan. Sie war es, die dann die Hilferufe eines Mannes hörte und ihren Kollegen informierte. R. dachte nicht nach. Er rannte ein Stockwerk höher. Feuer oder Rauch bemerkte er nicht.

Aber die Hilferufe waren nicht zu überhören. Mit einem Feuerlöscher, den er aus seinem Büro holte, schlug er die Eingangstür aus Glas ein. Öffnen konnte er sie nicht. Die von dem Tatverdächtigen angegriffene Kanzleimitarbeiterin lag leblos in dem bereits schwer verrauchten Büro vor der Tür.

Florian R. zog sie durch den Rahmen der eingeschlagenen Tür ins Treppenhaus, konnte anschließend die Tür öffnen und machte den Weg frei für den im Rollstuhl sitzenden und schwer verletzten Anwalt.

„Sein elektrischer Rollstuhl funktionierte glücklicherweise noch, so dass er das Büro verlassen und mit dem Aufzug nach unten fahren konnte“, sagt R.. „Zwischendurch habe ich dann noch meine Kollegin angeschrien, dass sie Feuerwehr und Rettungswagen alarmiert.“

Als Florian R. sicher war, dass alle das Bürogebäude verlassen hatten, dachte er wieder an die verletzte Frau — und rann auf die inzwischen ebenfalls ziemlich verrauchte dritte Etage. Er zog sie in den Fahrstuhl, drückte von außen den Knopf, rann hinunter und sah die ersten Schaulustigen vor dem Haus. Er reagierte, ohne viel zu überlegen, öffnete die Hintertür und zog die Frau in die angrenzende Tiefgarage in einen geschützteren Bereich.

Dort brachten er und ein Kollege aus dem Haus die Frau in die stabile Seitenlage — bis die Retter eintrafen. „Einen Puls konnte ich nicht fühlen“, sagt Florian R. „Ich hatte bestimmt selbst einen Puls von 200.“

Der 36-Jährige ist technischer Angestellter. „Eigentlich bin ich ein IT-Mensch“, sagt er. Warum er so gehandelt habe, das weiß er nicht. „Ich habe nur reagiert“, sagt er. Dass er selbst in Gefahr war, sei ihm nicht bewusst gewesen. Auch seiner Verlobten hat er erst am Abend von seinem Rettungseinsatz erzählt.

Dennoch ist sich Florian R. sicher: „Würde ich noch einmal in so eine Situation kommen, würde ich wieder so handeln.“