„Der Schulverweis ist eine drastische Maßnahme“
Der mutmaßliche Täter der Gewalttat von Lünen galt als unbeschulbar. Wie kommt man zu einer solchen Einschätzung?
Münster. Sie stören massiv den Unterricht oder bedrohen andere Kinder, auch Lehrer sind da oft machtlos: Immer wieder gibt es Schüler, die in der regulären Schule einfach nicht zurechtkommen. Der Junge oder das Mädchen sei „unbeschulbar“ oder „nicht beschulbar“, heißt es dann.
So war es auch bei dem mutmaßlichen Messerstecher in Lünen bei Dortmund. Nach dem tödlichen Angriff auf einen 14-Jährigen in einer Gesamtschule teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in dieser Woche mit: „Nach Einschätzung der Sozialarbeiterin gilt der 15-Jährige als aggressiv und unbeschulbar.“ Unklar ist aber nach wie vor, wann ein Kind „unbeschulbar“ ist.
Rein rechtlich ist die Sache erst einmal klar: „Juristisch gibt es die Kategorie unbeschulbar nicht“, sagt ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Schulministeriums. Denn es gilt die Schulpflicht: Laut Schulgesetz hat jeder Jugendliche ein Recht auf schulische Bildung - und auch eine Schulpflicht. Doch was, wenn Kinder sich einfach nicht in der Schule integrieren?
Fallen Jugendliche immer wieder negativ auf, greifen zunächst die „erzieherischen Maßnahmen“. Diese Maßnahmen zählt zum Beispiel Nordrhein-Westfalens Schulgesetz in Paragraf 53 auf. Die Lehrer ermahnen Schüler, sie bestellen die Eltern zum Gespräch ein, es gibt Gruppengespräche mit Schülern und Eltern, der Schüler wird einer Unterrichtsstunde verwiesen und es werden Förderpläne aufgestellt. „Der Schulverweis ist für das Kind natürlich eine dramatische Maßnahme“, sagt Carolin Ischinsky, Schulamtsdirektorin in Münster. Soll ein Kind der Schule verwiesen werden, muss sie zustimmen. Zu einem Schulverweis kommt es, wenn ein „wiederholtes und schwerwiegendes“ Fehlverhalten vorliegt. Außerdem werde die Geschichte des Kindes berücksichtigt. Eltern können gegen so eine Entscheidung klagen. lnw