Design: Großeinsatz für den Knopf

Guido Lipken ist den Mode-Trends dieser Welt auf der Spur: Er entwirft heute die Knöpfe für Jacke und Hose von morgen.

Wuppertal. Der Knopf. Man braucht ihn, denn sonst hält weder die Jacke noch die Hose. Meist denkt man sich nicht viel dabei, wenn man sich auf- und zuknöpft. Nur wenn es mal hakt an der Jeans, schaut man genauer hin, zerrt ein bisschen — und gerät womöglich ins Staunen. Denn ein Knopf ist keineswegs nur ein Knopf.

Er ist ein Designobjekt, in das Knopf- wie Kleidungshersteller enormen Aufwand und Planung stecken — von der ersten vagen Idee bis zur Hose im Laden dauert es zwei Jahre. Und hinter diesem ganzen Prozess steht ein Knopfdesigner wie Guido Lipken aus Wuppertal.

Bei seinen Entwürfen kann er aus dem Vollen schöpfen: „Es gibt allein 200 verschiedene Oberflächen“, sagt der 46-Jährige. Metalle wie Nickel, Kupfer, Messing — in den vergangenen Jahren mussten sie alt und gebraucht aussehen, Edelstahl und Kunststoffe, Steine und Textiles aus Baumwolle oder Samt, Wolle oder Cord.

Die Kombinationen der Farben und Materialien lässt die Auswahl ins Unendliche wachsen. Man kann lackieren, bleichen, lasern. Man kann Strasssteine draufkleben, Stoff in einen Metallrahmen einlegen, Motive plastisch hervortreten lassen oder die Metalloberfläche filigran durchbrechen. Der jüngste Trend sind Thermolacke: Die Knöpfe der Skijacke sehen auf der Piste violett aus, in der warmen Hütte wechseln sie zu Hellgrau — das lässt sich optisch edel mit der Paspelierung auffangen.

Doch Guido Lipken arbeitet natürlich nicht allein nach ästhetischen Erwägungen. Er sitzt mit auf dem großen Mode-Karussell, auf dem mindestens alle sechs Monate neue Kollektionen präsentiert werden. Zweimal im Jahr reist der Wuppertaler daher nach Paris zur Stoff- und Trendmesse „Premire Vision“.

Dort sammelt er Eindrücke vor allem bei den Trend-Agenturen, die für die Hersteller weltweit vorgeben, wie die Mode in 18 Monaten aussehen wird. Zusätzlich schickt er Trend-Scouts in London und New York in Clubs, ausgewählte Geschäfte und zu Ausstellungseröffnungen: „In New York und überhaupt in den USA wird das Thema Jeans ganz anders interpretiert, viel patriotischer.“ Und der Modemarkt in London sei wegen der vielen unabhängigen Labels sehr breit gefächert.

Die gesammelten Informationen sowie eigene Studien in Läden von Düsseldorf, Berlin und Paris lässt Lipken in einer modischen Hochrechnung zusammenfließen: „Wenn die Jeans jetzt zarte Abschürfungen haben, gehe ich davon aus, dass man in zwei Jahren größere offene Stellen trägt.“ Dann müssen auch die Knöpfe entsprechend derb sein.

Zehn Trendthemen mischt Lipken aus dem Material, zu jedem entwirft er zwölf Knöpfe, Tascheneckverstärker (Rivets) und Stoffanhänger. Rund zwei Monate sitzt er daran.

Damit reist er zu seinem Auftraggeber, der Firma Prym Fashion in Stolberg bei Aachen, laut Lipken der zweitgrößte unter den rund 100 Knopfherstellern weltweit. Ungefähr die Hälfte der Entwürfe übernimmt die Firma in ihre Kollektion. Diese Vorlagen gehen an die großen und kleinen Designer und müssen bei jedem erneut durch mehrere Auswahlverfahren.

Am Ende kann man Lipkens Knöpfe möglicherweise an Modellen von Cerruti, Bogner und Boss finden, aber auch bei den preiswerten Textilketten und beim Jeanshersteller Levi’s. Der hohe Aufwand für die Entwicklung mache sich bezahlt: „Die Knopf-Kunden merken sofort, ob ein Anbieter modisch auf dem aktuellen Stand ist.“

„Knopfdesign kann man nicht studieren“, sagt er. Das Material- und Produktionswissen hat sich der Diplomdesigner im Laufe der Jahre bei Prym erarbeitet, dazu kommt die spielerische Freude am Tüfteln und am Material. Der talentierte Herr Lipken tummelt sich aber auf vielen kreativen Feldern. Er hat mal Strickkollektionen für Discounter entworfen, organisiert Messestände, erstellt Grafisches wie Imagebroschüren.

Für die Wuppertaler Abfallwirtschaftsgesellschaft hat er die Butterbrotdosen entworfen, die sie den I-Dötzchen zur Einschulung zukommen lässt. Zudem malt er, gern großformatig, und hat gerade seinen ersten Solo-Gesangsabend mit Liedern von Kurt Weill gegeben.

Ein Trend-Experte wie Guido Lipken weiß doch bestimmt auch, was auf die modische Kundin im Winter 2014/15 zukommt. „Indigo Animals“, kommt blitzschnell die Antwort: Jeans mit Gummierungen, die wie Reptilien aussehen. Und in der Damenoberbekleidung komme nach eher „trashigen Jahren die Eleganz in Form von viel Wolle und klassischen Modellen mit Fischgrät-Mustern und Tweeds zurück“. Man sieht die Wappen auf den Knöpfen schon vor sich.