Politisches Motiv möglich Deutsch-türkischer Fußballprofi Naki auf Autobahn beschossen
Düren (dpa) - Der deutsch-türkische Fußballprofi Deniz Naki ist nachts auf der Autobahn nahe Düren aus einem fahrenden Wagen beschossen worden. Die Aachener Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen versuchter Tötung gegen Unbekannt auf.
Auf das Auto des 28-Jährigen - er gilt als Kritiker der türkischen Regierung - seien kurz vor Mitternacht auf der A4 mehrere Schüsse abgegeben worden, sagte Staatsanwältin Katja Schlenkermann. „Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Man schließe eine politisch motivierte Tat nicht aus. Eine Mordkommission sei eingerichtet.
Der aus Düren stammende frühere Spieler der deutschen U21-Nationalmannschaft vermutet hinter dem Angriff einen politischen Hintergrund. In der Online-Ausgabe der „Welt“ sprach Naki von einem Mordanschlag. „Ich hätte sterben können. Und es hat ja nicht viel dazu gefehlt.“ Er habe Todesangst gehabt. Die Schüsse seien aus einem Kombi abgefeuert worden, zwei Kugeln hätten sein Auto „in der Mitte am Fenster“ und „nahe den Reifen“ getroffen.
Er gehe davon aus, dass ein Agent des türkischen Geheimdienstes dahinter stecken könnte „oder ein anderer, dem meine politische Haltung nicht passt“. Im „Spiegel“-Jugendmagazin „Bento“ sagte der Fußballer, in der Türkei sei er „eine laufende Zielscheibe, weil ich mich pro-kurdisch äußere“.
Der Profi - einst beim FC St. Pauli und SC Paderborn unter Vertrag - spielt aktuell beim Drittligisten Amed SK in der Kurdenmetropole Diyarbakir in der Türkei. Der FC St. Pauli schrieb auf Twitter: „Wir sind schockiert und fassungslos, aber heilfroh, dass Du wohlauf bist @DenizDersimNaki. Für immer mit Dir!“
Die technischen Untersuchungen am beschädigten Auto des Sportlers dauerten an, schilderte die Staatsanwältin. „Das einzige ganz Klare ist bisher, dass Herr Naki unverletzt geblieben ist.“ Dessen Hinweise auf einen politischen Hintergrund nehme man sehr ernst. „Die Vernehmung des Geschädigten durch die Polizei ist bereits gelaufen.“ Die Auswertung der Spuren laufe, Detailangaben könne die Behörde zunächst nicht machen. Für eine Fahndung fehlten ausreichende Hinweise auf den oder die Täter.
Naki war im Frühjahr 2017 von einem türkischen Gericht wegen „Terrorpropaganda“ für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu einer Bewährungsstrafe von rund 18 Monaten verurteilt worden. Sein Anwalt hatte die Entscheidung damals als „willkürlich“ kritisiert.
Die „Zeit“ hatte Deniz Naki einst als „Deniz Yücel des Fußballs bezeichnet“. Für Ankara sei er „Staatsfeind“, in der kurdischen Bevölkerung werde er verehrt. Naki hatte mehrfach über Attacken auf ihn, das Team und den Vorstand des kurdischen Vereins berichtet.
Der Anschlag zeige in dramatischer Weise, wie sehr türkische und kurdische Oppositionelle auch in Deutschland bedroht seien, teilte die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke mit. Die deutschen Sicherheitsbehörden müssten das „endlich ernst nehmen“.