Deutsches „Rat Pack“ startet Swing-Tournee

Hamburg (dpa) - Let's swing: Mit Unterstützung von Kabarettist Michael Mittermeier und einer pompösen Big Band drehen die Sänger Xavier Naidoo, Rea Garvey und Sasha am Rad der Musikgeschichte und verwandeln sich in ein swingendes, witzelndes Ensemble von Format.

Soul-Größe Xavier Naidoo, Singer-Songwriter Rea Garvey und Popsänger Sasha hatten am Sonntagabend in Hamburg die Turnschuhe zu Hause gelassen und dunkle Smokings mit Fliege aus dem Kleiderschrank geholt, um als swingendes Ensemble alte Klassiker wiederzubeleben. Mit Unterstützung einer zwölfköpfigen Big Band swingten und steppten sie fast drei Stunden durch den Abend und übten sich im kabarettistischen Schlagabtausch, den besonders Comedian Michael Mittermeier mit scharfen Pointen unterfütterte.

Der Deutschland-Auftakt von „Alive and Swingin'“ im ausverkauften Hamburger Congress Center galt als Hommage an das „Rat Pack“ der 50er und 60er Jahre, das vor allem in der Besetzung aus Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis Jr. und Joey Bishop durch mehrere Shows in Las Vegas bekannt wurde. Als das „Rat Pack“ 1955 um den Schauspieler Humphrey Bogart herum entstand, war es nicht mehr als ein sich regelmäßig treffender Kreis aus guten Freunden und trinkfesten Entertainern. Besonders die Boulevardpresse interessierte sich für die prominente Clique, die mit ihrem unangepassten Lebensstil, Schabernack und durchzechten Nächten ein Gefühl der Sorglosigkeit vermitteln konnte, was gerade in den Zeiten des Kalten Kriegs als Mittel gegen Angst und Pessimismus zu wirken schien.

Doch erst im Jahr 1957 entwickelte sich das Ensemble in neuer Besetzung auch auf der Bühne zu einem echten Publikumsmagneten. Die Abende mit Sinatra, Martin, Davis Jr. und Bishop galten als Essenz der Coolness, der guten Musik und des intelligenten Humors. Menschen sollen in den frühen 1960er Jahren in Autos und Hotellobbys genächtigt haben, um eine der Shows im „Sands Hotel“ in Las Vegas zu erleben, wo die Gruppe in wechselnder Besetzung gastierte. Häufig wurden die Abende in Anspielung an die Treffen zwischen US-Präsident John F. Kennedy und Russlands Regierungschef Nikita Chruschtschow nur noch als „The Summit“, als Gipfeltreffen des amerikanischen Showbusiness bezeichnet.

Dass der Humor solch einer „Rattenbande“ dabei nicht selten auf Kosten des Publikums ging, brachte schon der damals zu Gast geladene Entertainer Johnny Carson in einer Vorstellung auf den Punkt, als er nach einem Swing-Stück in den brausenden Applaus hinein sagte: „Wir alle danken Ihnen, aber den Spaß hatten wir.“ Diese Lektion hatte auch Michael Mittermeier gelernt und brachte die Lacher mit scharfzüngigen, teils derben Witzen über Hamburg, Hürden beim Liebesspiel und die hohe Politik schnell auf seine Seite.

Recht lässig und smart gaben sich dagegen seine drei Gegenspieler. Während Mittermeier wild gestikulierend über die Bühne stapfte und das Publikum mit Pointen befeuerte, lehnten Xavier, Rea und Sasha an einem weißen Bartresen, mixten Getränke und frotzelten über den aufgebrachten Comedian. Erst verwehrten sie ihm ein eigenes musikalisches Stück, doch in der zweiten Hälfte der Show durfte auch Mittermeier sich am Country-Titel „Ring of Fire“ versuchen, der ihm prompt den Beifall der 3000 Besucher einbrachte. Spätestens als die Sänger gegenseitig ihre Hits interpretierten und als Zugabe den Klassiker „My Way“ anstimmten, hielt es keinen Zuschauer mehr auf seinem Platz.

Auch wenn etwas mehr spontaner Humor dem feststehenden Programm gut getan hätte: Der schnelle Wechsel zwischen klassischen Swing-Nummern und passenden Gags überzeugte die Hamburger, die zwischen den Sitzreihen zur Musik tanzten und die gelungene Mischung aus Swing und Humor mit stürmischem Beifall belohnten.