Die Anakonda vom Latumer See ist gefasst (mit Video)

Am Mittwochmittag gelingt einem Fachmann der Feuerwehr der Zugriff. Die Würgeschlange ist putzmunter — und ziemlich bissig.

Sebastian Schreiner, Reptilien-Fachmann der Feuerwehr Düsseldorf, hält eine eingefangene Würgeschlange aus dem Latumer See in Meerbusch.

Foto: Federico Gambarini

Meerbusch/Düsseldorf. Um 12.36 Uhr hat Sebastian Schreiner sie am Haken: die Gelbe Anakonda aus dem Latumer See. Stückchen für Stückchen zieht er das gelb-schwarze, fast zweieinhalb Meter lange Tier ins Boot, bis er den Kopf zu fassen bekommt. Damit beendet der Experte von der Reptilienfachgruppe der Düsseldorfer Feuerwehr das Meerbuscher Monstermärchen. Pünktlich vor dem ersten kühlen Regen . . .

Foto: dpa

Die Würgeschlange, die normalerweise im Amazonas heimisch ist, war vor einer Woche zum ersten Mal von Anglern in dem kleinen See gesichtet worden. Die Zugänge wurden verriegelt, Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage berief eine Art Task Force ein, bei der auch Reptilien-Experte Markus Juschka vom Düsseldorfer Aquazoo mit am Tisch saß. Doch er machte den Ordnungshütern wenig Hoffnung auf einen schnellen Jagderfolg — zumal es in den kommenden Tagen immer kühler werden soll und die Schlange träger und träger geworden, irgendwann auch gestorben wäre.

Experte aus Düsseldorf fängt Anakonda in Meerbusch
12 Bilder

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Schon am späten Dienstagnachmittag nutzt die Anakonda die letzten warmen Sonnenstrahlen, um Energie an Land zu tanken — Angler Tobias Schütz sieht sie von seinem Boot aus. Doch als das Reptilienteam der Düsseldorfer Wehr anrückt, ist das Tier schon abgetaucht. Am Mittwochmittag entdeckt dann ein Fotograf die Schlange durch ein starkes Teleobjektiv. Sie hält sich am liebsten in einer dicht mit Brombeerbüschen bewachsenen Uferregion auf, nutzt im Wasser treibende Stämme, um sich zu sonnen.

Foto: Stadt Meerbusch

Diesmal liegt sie noch auf dem Holz, als Sebastian Schreiner mit dem Boot auf den See fährt. Er versucht, sich über das Treibholz anzupirschen. „Aber sobald ich mich auf die Stämme gestellt hat, ist sie abgehauen“, sagt der 37-Jährige. Die Anakonda lässt sich ins Wasser fallen und ist weg. Jetzt heißt es, Geduld bewahren. Der Experte weiß, dass die Schlange nicht ins offene Wasser schwimmt, wo sie sich unsicher fühlt. Sie wird in ihrem Revier bleiben. Minutenlang treibt Schreiner mit seiner Besatzung aus einem Kollegen und zwei Anglern dahin, fünf, zehn Minuten. Da taucht die Schlange plötzlich wieder auf, treibt mit ihrem gesamten Körper an der Wasseroberfläche. „Ich habe versucht, sie mit dem Schlangenhaken zu greifen, aber sie ist wieder entwischt“, berichtet Schreiner. Diesmal nur kurz. Die Angler manövrieren das Boot in die perfekte Position — und dann angelt der Feuerwehrmann sich die Schlange, stopft sie in seinen von der Feuerwache mitgebrachten Bettbezug. Den hatte er noch schnell gegriffen, als der Anakonda-Alarm einging, weil die Transportkisten für die „Nussschalen“ am Latumer See zu sperrig sind.

Als er sie am Ufer auf dem Vereinsgelände des Angelvereins aus dem blau-weiß karierten Stoff befreit und begutachten will, greift er beherzt nach ihrem Kopf — und zack, reißt die Anakonda das Maul auf, versucht zu beißen. Doch sie erwischt den geübten Fachmann nicht. „Ich bin zum Glück noch nie gebissen worden“, sagt Schreiner, der seit 2007 zum sechsköpfigen Spezialteam bei der Feuerwehr Düsseldorf gehört. Die Schlange sieht gut aus, gesund, unverletzt — und eine Beule in der Mitte ihres gefleckten Körpers verrät, dass sie im See nicht darben musste. Wohl ein Fisch oder eine Ratte war zu unvorsichtig im Angesicht des unbekannten Fressfeindes.

Noch am Abend bringen die Retter die Anakonda in die Auffangstation des Tierparks Brüggen, wo sie ein artgerechtes und sicheres Leben führen soll. Tobias Schütz und seine Vereinsfreunde können wieder in Ruhe fischen — und haben dazu sogar eine nagelneue Reuse, die die Stadt für die ab Donnerstag geplante Schlangenjagd angeschafft hatte. Auch Ordnungsamtsleiterin Bettina Scholten sagt: „Ich freue mich wirklich sehr über dieses gute Ende.“ Sie möchte die Anakonda bald in deren neuer Heimat besuchen. Schütz und die anderen Angler erwägen sogar eine Tierpatenschaft. Dann könnten sie dem zwischenzeitlich schon zum „Ungeheuer von Loch Latum“ erklärten Tier auch endlich einen Namen geben.