Die Helden von Chile leiden
69 Tage waren die 33 Kumpel unter Tage gefangen. Ein Jahr nach ihrer Rettung sind sie frustriert, arbeitslos oder psychisch krank.
Santiago de Chile. Die 33 Verschütteten aus der Mine San José kamen erst nach 69 Tagen wieder ans Tageslicht. Einer nach dem anderen — so wurden sie aus fast 700 Metern Tiefe in einer Rettungskapsel unverletzt nach oben geholt. Ein Wunder, wie viele sagten. Ein Wunder, das sich in der chilenischen Wüste ereignete und weltweit live übertragen wurde.
Ein Jahr nach dem glücklichen Ausgang des Unfalls in der Gold- und Kupfermine wird in Chile groß gefeiert. Der Alltag vieler Überlebender ist aber überhaupt nicht rosig. Und in den Minen des südamerikanischen Landes insgesamt ist die Arbeit der Bergleute nicht sicherer geworden. 370 Kumpel starben in zehn Jahren in chilenischen Minen.
Bei der Rettungsaktion vor einem Jahr dagegen war vieles ganz anders. Familien und Angehörige hatten im Camp bei der Mine wochenlang ausgeharrt. An die 1600 Medienleute reisten an. In den ersten Minuten des 13. Oktober 2010 begann die Bergung mit der Rettungskapsel „Phönix“. 24 Stunden später kletterte Schichtleiter Luis Urzúa Iribarren als letzter aus dem schmalen Gefährt
Doch den 33 Überlebenden von damals geht es heute nicht gut. Erst jetzt wurde der Hälfte der Kumpel eine Sonderrente zugesprochen. Den 200 Bergleuten der Mine San José wurden Abfindungen gezahlt. Die standen ihnen zu, nachdem der Betrieb als Folge des Unglücks pleiteging.
José Ojeda Vidal schrieb in der Tiefe des Stollens den berühmten Zettel, mit dem sich die Verschütteten zum ersten Mal meldeten. Ein Jahr später notiert er: „Es geht uns 33 nicht gut.“
Ojeda Vidal beispielsweise leidet an Diabetes, Kollege Mario Gómez an einer Staublunge. „Nach einem Jahr haben sie die Anpassung an Familie und Arbeit noch nicht geschafft“, sagte Alberto Iturra. Er hatte als Chef-Psychologe die Rettung begleitet.
Von 33 Kumpeln sind 15 arbeitslos, vier arbeiten unter Tage, fast alle sind in Behandlung. Ein Produzent will das „Wunder“ verfilmen. Eine Supermarktkette verkauft für 4000 Pesos (6,50 Euro) Spielzeuge, zu denen ein Kumpel mit Helm, die „Phönix“ und ein Bohrer gehören. Ob davon oder dem Film finanziell was für die Kumpel abfällt? Fraglich.