Reemtsma-Entführer Drach weist alle Vorwürfe zurück
Hamburg (dpa) - Er gönnt ihm nicht einen Euro aus dem Millionen-Lösegeld: Wegen Anstiftung zur versuchten Erpressung seines Bruders steht der Reemtsma-Entführer Thomas Drach wieder vor Gericht. Zum Prozessauftakt am Donnerstag wies der 51-Jährige die Vorwürfe von sich.
Die ganze Verhandlung sei „albernes Theater“, sagte er, die Briefe, auf die sich die Anklage stütze, seien eine „familieninterne Angelegenheit“. Dabei geht es immer noch um die Lösegeld-Millionen aus der Entführung des Hamburger Millionärs und Sozialforschers Jan Philipp Reemtsma. Die Verteidigung forderte die Einstellung des Verfahrens, da „kein hinreichender Tatverdacht“ bestehe. Der Prozess vor dem Hamburger Landgericht wurde zunächst unterbrochen und geht am 17. Oktober weiter. Ein Urteil wird Ende Oktober erwartet.
Der Beginn der Verhandlung verzögerte sich um zwei Stunden verzögert, weil sich Drach weigerte, bei der Fahrt vom Gefängnis zum Gericht eine Augenbinde zu tragen. Die Sicherheitsanordnungen grenzten an „Menschenunwürdigkeit“, meinte Drachs Anwalt Helfried Roubicek. Drach wurde schließlich mit Handschellen gefesselt in den Gerichtssaal gebracht.
Der 51-Jährige steht wegen versuchter Anstiftung zur räuberischen Erpressung vor Gericht. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat er im Februar 2009 zwei Briefe geschrieben, die von den Behörden abgefangen wurden. Einem Freund schrieb er: „Wenn du nichts zu tun hast, dann fang mal meinen Bruder ab. Er hat sechs Monate Zeit, 30 Millionen Euro zu besorgen.“ Und: „Die Ratte soll auf keinen Fall nochmal auf meine Kosten leben“.
Entgegen der Ankündigung der Verteidigung sagte Drach vor Gericht aus - und gab sich weiterhin sicher, die Kontrolle über das verschwundene Lösegeld zu behalten. Welche Absprachen er mit seinem Bruder habe, werde das Gericht nicht erfahren: „Das haben Sie in den 15 Jahren nicht erfahren, und das werden Sie auch heute nicht erfahren.“ Rund 6,5 Millionen Euro aus dem Lösegeld sollen nach Informationen einer für Reemtsma arbeitenden Sicherheitsfirma zurzeit in einem Bankschließfach in Spanien deponiert sein.
In einem weiteren Brief an seine Mutter schrieb Drach: „Ich will nicht, dass die Ratte auch nur einen Euro von meinem Geld ausgibt.“ Drachs Bruder war wegen der Wäsche von einem Teil des Lösegeldes verurteilt worden. Er ist wieder auf freiem Fuß. „Fehlt auch nur ein Euro, mache ich die Null platt“, schrieb Drach seiner Mutter. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass er nach seiner Entlassung mit den verbliebenen Millionen ein Luxus-Leben führen will.
Seinen Bruder bezeichnete Drach als „Vollversager“. „Es spielt keine Rolle, ob er mir Geld schuldet. Er wird nie in der Lage sein, es zu bezahlen“, sagte er großspurig vor Gericht. Auf die Fragen der Richterin antwortete er oft flapsig. „Ich kann in den Briefen nichts sehen, was auf eine Straftat hindeutet.“ Der Staatsanwaltschaft warf er vor, ihn seit Jahren durch extreme Haftbedingungen zu einer Aussage erpressen zu wollen.
Sein Verteidiger Roubicek argumentierte, die Briefe seien lediglich Ausdruck des krassen Sprachgebrauchs innerhalb der Familie. Drach habe damit Dampf abgelassen. Die Staatsanwalt habe die Äußerungen missinterpretiert. Weder der im Ausland lebende Freund noch Drachs über 80-jährige Mutter kämen als Täter in Frage. Auch das angebliche Opfer, der Bruder, habe sich nicht bedroht gefühlt, heißt es in einer Stellungnahme von ihm, die verlesen wurde.
1996 entführten Thomas Drach und seine Komplizen den Hamburger Millionär Jan Philipp Reemtsma und hielten ihn 33 Tage lang gefangen. Sie erpressten ein Lösegeld von 15 Millionen Mark und rund 12,5 Millionen Schweizer Franken. Seine Strafe für die Entführung hätte Drach eigentlich im Juli 2012 abgesessen. Wird er jetzt erneut verurteilt, könnte er noch länger im Gefängnis sitzen.