Die Last mit der Betuwe-Linie

Tausende Einwendungen gibt es schon gegen die Güterstrecke. In Emmerich fürchtet man um seinen Berg.

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Rees/Emmerich. Rees-Millingen ist ein gut funktionierendes Dorf am Niederrhein: Schulen, Läden, Kirche — alles da. Jetzt das: „In Millingen kommen alle Grässlichkeiten der Bahn zusammen“, sagt Elke Strede. Sie ist bei der Stadtverwaltung Rees die Frau für „Betuwe“. Die Güterstrecke der Bahn führt von Oberhausen nach Emmerich quer durch den Niederrhein und auch durch Rees-Millingen. Strede ist klar, dass die Stadt irgendwie einig werden muss mit der Bahn. Ansonsten kann es teuer werden.

2016 will die Bahn mit den Ausbauarbeiten der 73 Kilometer langen Strecke beginnen, mit dem Lärmschutz wahrscheinlich noch in diesem Jahr. Die Welle aus Bedenken und Widerstand drückt sich mittlerweile in Zahlen aus: Nach Angaben der Bezirksregierung Düsseldorf gibt es 8400 Einwendungen von Privatleuten gegen den Betuwe-Ausbau. Davon kommen 1400 aus Millingen — bei 3000 Einwohnern.

„Millingen will nicht geteilt werden in Ost und West“, sagt Ortsvorsteher Günter Boland: Der rege frequentierte Bahnübergang, über den die Autos jetzt noch in den anderen Ortsteil rollen, soll verschwinden. Eine direkte Verbindung für Autos soll es nicht mehr geben, nur eine Unterführung für Fußgänger und Radfahrer. Dazu kommt die optische Trennung durch eine vier Meter hohe, undurchsichtige Lärmschutzwand. Der Osten werde abgehängt. Der Osten, das sind 1000 Bürger, im Westen sind Geschäfte, Schule und Kirche. Die Bahn habe ein Gespräch anberaumt, sagt Strede, aber ihr Tonfall klingt nicht hoffnungsfroh.

Bei der Beseitigung von Bahnkreuzungen mit kommunalen Straßen sind die Kommunen in der Kostenpflicht. Die Landesregierung hat eine Übernahme zugesagt, macht aber einen Gesamtkonsens zwischen Kommune und Bahn zur Bedingung. NRW-Verkehrminister Michael Groschek (SPD) sieht Vorteile für die Menschen in dem verbesserten Lärmschutz und in der „massiven“ Erhöhung der Verkehrssicherheit durch die Beseitigung der Bahnübergänge.

Um zu verstehen, was rheinabwärts in Emmerich-Elten passiert, muss man mit dem Jesuitenpater Karl Heinz Fischer sprechen. Er leitet auf dem Eltenberg ein Begegnungshaus. Er weiß, wie beruhigend dieser Berg mit der weiten Aussicht auf den Niederrhein auf die anfangs nervösen, ständig auf ihren Handys tippenden Menschen wirkt: „Ich habe mich immer darauf verlassen: Der Berg macht das schon.“ Für „Betuwe“ soll die B 8 verlegt werden, und den Berg am Fuß einschneiden. 25 Meter tief, in der offenen Flanke solle dann die Bundesstraße, beidseitig gesichert durch hohe Betonwände, laufen. Da bleibe nicht viel heil vom Berg.

Johannes ten Brink kämpft für den Berg. Er entwickelte eine Variante mit Bundesstraße und Gleis neben dem Berg. Dadurch würden auch zwei Sportplätze gerettet. Die Initiative sammelte 5000 Unterschriften für diesen Vorschlag. Das Planfeststellungsverfahren kommt erst noch. Die Bundesstraße ist Sache des Landesbetriebs Straßenbau.

Der zuständige Mann Gerhard Decker ist Leiter der Niederlassung Mönchengladbach und stellt die Planung etwas anders dar: Der Bergfuß werde nur angeschnitten, der Berg einseitig abgestützt. „Die Leute meinen, wir würden den halben Eltener Berg abbaggern. Das stimmt einfach nicht.“ Die Maßnahme sei „mit Sicherheit kein massiver Eingriff“.