Die Tafel, die nicht quietscht
Die interaktive Tafel soll den Unterricht modernisieren: Karten und Formeln können per Berührung verändert werden.
Düsseldorf. Sie ist ein gefürchteter Ort: Wenn man an die Tafel gerufen wird und Mathe-Aufgaben vorrechnen soll, sorgt das unter Schülern - je nach Gemütslage und Rechentalent - für akute Nervosität oder gar für Tränenausbrüche. Andererseits bringt die Tafel auch immer ein wenig Erheiterung in den Schulalltag - zum Beispiel wenn auf sie der neueste Klassenklatsch ("Ben + Anna = Liebe") oder Lehrer-Karikaturen gekritzelt werden.
Das könnte aber bald der Vergangenheit angehören: Das sogenannte Whiteboard, eine interaktive Weißwandtafel, ist auf dem Vormarsch. Und diese könnte in Deutschlands Schulen das Ende der Kreidezeit markieren und den Weg ins digitale Klassenzimmer weisen.
Die Möglichkeiten der elektronischen Tafel sind riesig: Mit dem Whiteboard, das an einen Computer angeschlossen ist, können Powerpoint-Präsentationen, Landkarten, interaktive Grafiken, Fotos und Videos gezeigt und auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm verändert werden. Auch Computerspiele und Internet-Surfen sind möglich.
Einer der Vorreiter in NRW ist das Luise-von-Duesberg-Gymnasium in Kempen, das mittlerweile mit sieben interaktiven Tafeln arbeitet. "Die Effektivität ist einfach größer, wenn Tafelbilder abgespeichert und am nächsten Tag wieder aufgerufen werden können", sagt Schulleiter Rainer Helfenbein. "Und bei den Schülern kommt es sehr gut an."
Von der Fülle der Möglichkeiten her sind die elektronischen Versionen den grünen Kreidetafeln also zweifellos überlegen. Genau das könnte aber auch ihr größtes Problem sein - wenn technik-unerfahrene Lehrer mit den zahlreichen Optionen überfordert sind. Selbst vor Overhead-Projektoren und Videorekordern soll ja mancher Pädagoge schon kapituliert haben.
"Einige der älteren Kollegen haben noch Bedenken", bestätigt Helfenbein. Die Kritik, dass die Schüler mit der Elektro-Tafel nur noch mit Filmchen berieselt werden, teilt er aber nicht: "Das Whiteboard wird ja nicht permanent eingesetzt."
Als erstes Bundesland will Hamburg bis spätestens 2011 alle Schulen mit den elektronischen Tafeln ausstatten. In Nordrhein-Westfalen ist man allerdings noch nicht so weit: "Wir begrüßen es, dass neue Medien in die Unterrichtsgestaltung einfließen", sagt ein Sprecher des Schulministeriums auf Anfrage, "richtig eingesetzt können elektronische Schultafeln mit ihren vielfältigen Möglichkeiten eine Bereicherung für den Unterricht sein."
Eine "Whiteboard"-Offensive gibt es aber nicht, über die Anschaffung entscheide allein der Schulträger, heißt es. Moderner Unterricht sei "selbstverständlich auch mit Kreidetafeln" möglich.
Noch hat die herkömmliche Tafel in NRW also nicht ausgedient. Auch im Luise-von-Duesberg-Gymnasium steht in den Räumen mit den Whiteboards noch ein Kreide-Exemplar. Für den Fall, dass der interaktive Nachfahre mal mitten im Unterricht abstürzt.