Doppelmord von Krailling: Onkel unter Tatverdacht
München (dpa) - Der eigene Onkel soll die Schwestern Sharon (11) und Chiara (8) aus Krailling in Oberbayern ermordet haben. Die Ermittler nahmen den vierfachen Vater am Freitag in Peißenberg - rund 50 Kilometer vom Tatort entfernt - vor seinem Haus fest.
Am Samstag wurde Haftbefehl wegen zweifachen Mordes gegen ihn erlassen. In den Vernehmungen habe der 50-Jährige aber kein Geständnis abgelegt, sagte der Leiter der Sonderkommission, Markus Kraus, am Samstag in München. Auch das Motiv sei bislang völlig unklar.
Nach übereinstimmenden Medienberichten soll der grausamen Bluttat ein Erbschaftsstreit vorausgegangen sein. Der Tatverdächtige hat demnach selbst vier Kinder und seit einem Hausbau hohe Schulen. Seine Frau erkrankte an Brustkrebs, einem Sohn musste ein Teil einer Leber verpflanzt werden, wie Zeitungen weiter berichteten. Die Polizei äußerte sich zu diesen Hintergründen nicht.
Die Ermittler waren dem angeheirateten Onkel, der sich ohne Widerstand festnehmen ließ, mit DNA-Spuren vom Tatort auf die Spur gekommen. Sharon und Chiara waren in der Nacht zum 24. März in ihren Kinderzimmern umgebracht worden. Die Mutter entdeckte ihre leblosen Kinder, als sie von der Arbeit in einer rund 100 Meter entfernten Gaststätte nach Hause kam. Die Ermittlungen ergaben vielfältige Gewaltspuren an beiden Kindern, aber kein Sexualdelikt.
„Aufgrund der Spurenlage besteht ein dringender Tatverdacht“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II, Andrea Titz. Das Mordmerkmal sei Heimtücke. „Wir gehen davon aus, dass er die Arglosigkeit und Wehrlosigkeit der Opfer ausgenutzt hat.“
Ob der Täter die Mädchen im Schlaf überraschte, wollten die Ermittler nicht sagen. Auch zum Tatablauf gaben sie keine Details preis. Der 50-Jährige habe Zugang zu dem Haus gehabt, „wie jeder andere auch“, sagte Titz. Die beiden Mädchen sollen regelmäßig nachts alleine gewesen sein, die Wohnungstür war nicht immer abgeschlossen.
Die Polizei hatte den Onkel der Mädchen bereits kurz nach der Tat vernommen. Damals gab er freiwillig auch eine Speichelprobe ab, die am Freitag beim Abgleich mit Spuren vom Tatort zu dem Treffer der Rechtsmedizin führte. Um 17.00 Uhr wurde er von Spezialkräften der Polizei festgenommen. Die Frau und Kinder des Verdächtigen hätten die Festnahme nicht mitbekommen, sagte Kraus von der Soko „Margarete“. Sie ist nach der Straße benannt, in der die Tat geschah.
Im Verhör habe der Mann einen „eher distanzierten, desinteressierten Eindruck“ gemacht. Zwischen der ersten und zweiten Vernehmung habe er sich jedoch in Widersprüche verwickelt. Kraus berichtete, dass der Mann verletzt sei. Die Verletzung könnte von der Tat stammen, dies müsse jedoch durch Untersuchungen geklärt werden. Der Mann sei bisher strafrechtlich nicht aufgefallen, sagte Titz. Er sitzt nun im Münchner Untersuchungsgefängnis Stadelheim.
Die Soko hatte 91 Speichelproben untersucht und mehr als 100 Menschen vernommen. Insgesamt gingen 141 Hinweise aus der Bevölkerung ein. Keiner dieser Hinweise habe sich auf den mutmaßlichen Täter bezogen, sagte Kraus. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dankte der Münchner Polizei für ihren engagierten Einsatz. „Die Tat ist schon schlimm genug. Umso mehr erwarten die Menschen deshalb, dass so ein Verbrecher schnell dingfest gemacht wird.“
Da die Vernehmung des Verdächtigen andauere, wollten Polizei und Staatsanwaltschaft keine Einzelheiten zur Spurenlage, zum Ablauf der Tat, genauen Zeitpunkt oder zu den Tatwaffen machen. Am Tatort war ein Messer und eine Hantel sichergestellt worden. „Wir gehen beim gefundenen Messer davon aus, dass es als Tatwaffe verwendet wurde. Auch bei der Hantel bestehen Anhaltspunkte dafür“, sagte Kraus.
An der Trauerfeier der Familie am Freitag in München habe der 50-Jährige nach Erkenntnissen der Polizei nicht teilgenommen, sagte Kraus. Unklar war zunächst auch, ob der Onkel regelmäßigen Kontakt zu den Mädchen hatte. Auch die Frau des Verdächtigen sei vernommen worden. Zum Inhalt ihrer Aussage, machte Kraus keine Angaben. Um die Kinder des Paares kümmere sich derzeit das Jugendamt.
Im Heimatort der beiden Mädchen machte sich Entsetzen breit, als die Nachricht die Runde machte, dass der Onkel der Kinder als Täter infrage komme. Auch am Samstag legten Menschen vor dem Haus der Familie Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Unter Tränen fragte eine Frau: „Warum immer Kinder? Unfassbar.“