Doppelter Abijahrgang: Es wird eng auf dem Ausbildungsmarkt
Schon in diesem Jahr hat sich die Lage in Nordrhein-Westfalen für junge Menschen verschärft.
Düsseldorf. Mehr Bewerber, weniger Stellen — so stellt sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in Nordrhein-Westfalen dar. Die Zahl der unversorgten Bewerber stieg im Ausbildungszeitraum zwischen Oktober 2011 und September 2012 mit 4375 Bewerbern um 18,5, deutschlandweit um 38,5 Prozent. In Wuppertal sieg die Zahl um 165 Prozent, in Krefeld um 115 (siehe Infokasten).
Der Grund: Als Vorbote zum doppelten Abiturjahrgang im kommenden Jahr gab es bereits zum aktuellen Ausbildungsjahr 6,5 Prozent mehr Bewerber als noch im Vorjahr. „Es gab schon jetzt eine ansteigende Schulabgängerzahl“, sagte Christiane Schönefeld, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, gestern in Düsseldorf.
Jeder, der jetzt einen Ausbildungsplatz finden konnte, hat die Chance genutzt und nicht gewartet — aus Angst vor der Konkurrenz im kommenden Jahr. Voraussichtlich 45 000 Studienberechtigte mehr wird es 2013 geben. Schätzungsweise ein Viertel von ihnen werden einen Ausbildungsplatz suchen, so Schönefeld. Immer mehr Abiturienten interessieren sich nämlich für einen Ausbildungsplatz. Besonders beliebt sind die dualen Ausbildungen, bei denen parallel zur Ausbildung ein Studium absolviert wird.
Junge Menschen die im kommenden Jahr eine Ausbildung suchen, sollten sich dringend einen Plan B überlegen, wenn sie keinen Ausbildungsplatz erhalten, rät Schönefeld. Denn es wird vorerst eng auf dem Ausbildungsmarkt. Jugendliche werden deshalb gezielt beim Übergang in den Beruf unterstützt.
„Aber die demografische Entwicklung wird nur kurz unterbrochen“, sagte Schönefeld. Nach 2013 werden dann sinkende Schülerzahlen zu einem „signifikanten Bewerberrückgang“ auf dem Ausbildungsmarkt führen.
Schönefeld zeigte sich auch deshalb enttäuscht, weil Unternehmen in NRW weniger Stellen als im Vorjahr angeboten haben. „Es ist ja nicht so, als fände man 2013 den Top-Azubi, nur weil es mehr Schulabgänger gibt.“ Sie monierte, dass einige Betriebe olympiareife Bewerber suchten, nur weil vorübergehend viele junge Menschen Ausbildungen suchen.
Die Unternehmen seien aber schon gefragt, sich zu überlegen, wie sie nach dem Doppelabijahrgang Auszubildende gewinnen können. Denn während in diesem Jahr noch 214 000 Menschen in NRW die Schule beenden, werden es 2020 nur noch 185 000 sein. „Die Botschaft ist bei den Unternehmen noch nicht angekommen“, monierte Schönefeld. Dabei sei es wichtig, dem Fachkräftemangel in dieser „demografischen Atempause“ zu begegnen.
Landesweit unterscheidet sich die Situation: Während es in Düsseldorf oder Köln relativ viele Ausbildungsstellen gibt, sieht die Situation beispielsweise in Solingen kritischer aus. Dort gab es statistisch nur 0,44 Ausbildungsstellen pro Bewerber; in Wuppertal waren es 0,58.