Drogenboss „El Chapo“ droht lange Haft in den USA

Mexiko-Stadt (dpa) - Joaquín „El Chapo“ Guzmán tritt wohl bald seine letzte Reise nach Norden an: Mexiko genehmigte die Auslieferung des mächtigen Drogenbosses an die USA.

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Dem Chef des Sinaloa-Kartells könne in den Vereinigten Staaten der Prozess gemacht werden, teilte das mexikanische Außenministerium mit. Zuvor hatten zwei Richter der Auslieferung zugestimmt. Guzmáns Anwälte kündigten an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen.

„El Chapo“ wird im US-Bundesstaat Texas unter anderem wegen Mordes, Drogenhandels, organisierter Kriminalität und Geldwäsche belangt. In Kalifornien wird ihm Drogenschmuggel vorgeworfen. Da in Texas bei Mord die Todesstrafe verhängt werden kann, mussten die US-Behörden Mexiko garantieren, dass Guzmán nach seiner Auslieferung und einem Schuldspruch nicht hingerichtet wird. Angesichts der schweren Vorwürfe droht ihm allerdings eine lange Haftstrafe.

„El Chapos“ Sinaloa-Kartell ist die mächtigste kriminelle Organisation Mexikos und macht Milliardenumsätze. Guzmán soll persönlich für bis zu 3000 Morde verantwortlich sein. Insgesamt kamen im sogenannten Drogenkrieg bislang über 100 000 Menschen ums Leben. Die USA überschwemmte „El Chapos“ Kartell mit Heroin und Kokain. Die Chicago Crime Commission erklärt Guzmán zum Staatsfeind Nummer 1. Der Titel war zuvor nur an den US-Gangster Al Capone vergeben worden. Nun soll der Drogenbaron in den Vereinigten Staaten zur Verantwortung gezogen werden.

„El Chapos“ Anwälte wollen die Überstellung ihres Mandanten indes um jeden Preis verhindern. Innerhalb von 30 Arbeitstagen können sie nun zunächst einstweiligen Rechtsschutz beantragen. Kommen sie damit nicht durch, steht ihnen immer noch ein Berufungsverfahren gegen die Auslieferung offen.

„Dafür ist die Justiz da. Vielleicht muss das der Oberste Gerichtshof entscheiden, oder wir ziehen vor internationale Gerichte“, sagte Anwalt José Refugio Rodríguez im Fernsehsender Milenio TV. „Es liegt noch ein langer Weg vor uns.“

Tatsächlich könnten bis zu Guzmáns Auslieferung drei Jahre vergehen. „Die Verteidigung will Zeit schinden“, sagte José Antonio Murguía Rosete, Experte für internationales Recht und Kooperation in Strafsachen, der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn aber der Wille besteht, ihn auszuliefern, dann gibt es keinen Ausweg.“

Lange sträubte sich die mexikanische Regierung, ihren wichtigsten Gefangenen zu überstellen - doch nun hat sich das Blatt gewendet. Zu groß wurde der Druck, eine erneute Flucht des Ausbrecherkönigs zu verhindern. Bereits zweimal war „El Chapo“ aus mexikanischen Gefängnissen entkommen.

Versteckt in einem Wäschekorb floh er 2001 aus der Haftanstalt Puente Grande. Im vergangenen Jahr setzte er sich spektakulär durch einen professionell angelegten Tunnel aus dem Hochsicherheitsgefängnis Altiplano ab. In beiden Fällen dürfte das Wachpersonal dem Drogenboss geholfen haben. Auch wenn der Arm des Sinaloa-Kartells lang ist: Aus einem amerikanischen Supermax-Gefängnis kann wohl selbst „El Chapo“ nicht ausbrechen.

In Mexiko ist wahrscheinlich nicht jeder über die bevorstehende Auslieferung des Drogenbosses glücklich. Guzmán könnte den US-Ermittlern im Gegenzug für Hafterleichterungen wertvolle Informationen über die Verbindungen zwischen Staat und organisiertem Verbrechen anbieten. Unter so manchen korrupten Beamten und Politikern in Mexiko dürfte jetzt die Angst umgehen.