Düsseldorfer Gericht bestätigt: Raucher muss ausziehen
Düsseldorf (dpa) - Entscheidung im Düsseldorfer Raucher-Prozess: Raucher Friedhelm Adolfs (75) muss seine Wohnung nach 40 Jahren räumen, hat das Landgericht angeordnet. Doch das letzte Wort hat wohl der Bundesgerichtshof.
Der Raucher Friedhelm Adolfs (75) muss laut Gerichtsurteil nach 40 Jahren seine Mietwohnung in Düsseldorf räumen. Adolfs habe seine Nachbarn mit Zigarettenqualm belästigt, befand das Landgericht am Donnerstag und wies die Berufung des 75-Jährigen zurück. Der „schwerwiegende Pflichtverstoß“ liege nicht im Rauchen selbst, sondern darin, dass der Rentner die Geruchsbelästigung durch sein Verhalten gefördert habe.
So habe er nichts dagegen unternommen, dass der Qualm in den Hausflur ziehe. Außerdem habe er unzureichend gelüftet und seine Aschenbecher nicht geleert. Für die Räumung gestand das Gericht dem Raucher wegen seines Alters und der langen Mietdauer eine Frist bis Jahresende zu. „Das ist eine schlechte Nachricht für Mieter in Deutschland“, sagte Anwalt Martin Lauppe-Assmann. Eigentümer könnten sich durch das Urteil ermutigt fühlen, mit verhaltensbedingten Räumungsklagen gegen Mieter vorzugehen.
Der Fall wird aber noch den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen: Das Landgericht ließ überraschend die Revision zu. Damit könnte grundsätzlich geklärt werden, ob Rauch, der aus einer Wohnung in ein Mehrfamilienhaus zieht, ein Kündigungsgrund ist (Az.: 21 S 240/13). „Wir werden Revision einlegen und das kurzfristig in die Wege leiten“, kündigte Lauppe-Assmann auf dpa-Anfrage am Donnerstagabend nach einer ersten Durchsicht der schriftlichen Urteilsbegründung an.
Er habe sich für den Fall einer Niederlage keine Gedanken gemacht, wie es mit ihm weitergehe und müsse sich nun mit seinem Anwalt beraten, sagte Adolfs. Dem ehemaligen Hausmeister des Hauses war die Wohnung wegen „unzumutbarer Belästigung“ seiner Hausnachbarn fristlos gekündigt worden. Gerichte in zwei Instanzen haben nun der Eigentümerin recht gegeben und den Rauswurf bestätigt.
„Endlich hat ein Gericht dem Zwangsrauchen ein Ende gesetzt und den Mut gehabt, nicht mehr dem Störer (Raucher) sondern dem Gestörten (Nichtraucher) Recht zu geben“, begrüßte der Vorsitzende von Pro Rauchfrei, Siegfried Ermer, das Urteil. Rauchen in der Mietwohnung bleibe weiterhin erlaubt, betonte dagegen der Deutsche Mieterbund. Raucher müssten aber den Zigarettenqualm über die Fenster nach draußen weglüften, nicht ins Treppenhaus.
Als Warnschuss für Millionen Raucher hatte bereits das erstinstanzliche Urteil für erhebliches Aufsehen gesorgt. Nach der Verschärfung des Nichtraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen war die Entscheidung als Angriff auf die Freiheit des Rauchens in den eigenen vier Wänden interpretiert worden.
Adolfs Fall geriet er zu einem bundesweit beachteten Politikum. Der 75-Jährige trat bei Raucher-Demonstrationen auf. Sympathisanten spendeten dem Rentner Geld für die Prozesskosten. Adolfs wurde seinem Anwalt zufolge zum „zweitbekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt“.
Das Landgericht hatte als Berufungsinstanz im vergangenen Januar zunächst erkennen lassen, dass es die Entscheidung des Amtsgerichts für falsch hält. Die Vermieterin habe zwischen Abmahnung und Kündigung mehr als ein Jahr verstreichen lassen - nach Ansicht des Landgerichts war das zu lang. Gemäß dieser vorläufigen Bewertung wäre die fristlose Kündigung vom Tisch gewesen.
Doch die Vermieterin legte nach: Keineswegs habe sie über ein Jahr lang tatenlos abgewartet, sondern Adolfs in der Zwischenzeit noch mehrfach mündlich abmahnen lassen. Ein Zeuge bestätigte, die Abmahnungen ausgesprochen zu haben. Adolfs bestritt dies zwar, das Gericht stufte aber letztlich die Aussage des Zeugen als glaubwürdig ein.
Wie das Amtsgericht zeigte damit auch das Landgericht der persönlichen Freiheit von Rauchern Grenzen auf: Zwar sei das Rauchen in den eigenen vier Wänden grundsätzlich erlaubt, aber es habe seine Grenzen im Recht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn.
Adolfs wurde dabei auch zum Verhängnis, dass seine frühere Anwältin das Vorliegen einer „unzumutbaren Belästigung“ nicht bestritten hatte. Damit hatten die Gerichte die Belästigung als Tatsache zu werten.