„Ehrenmord“: Lebenslange Haft für Morsals Bruder
Die Richter sehen es als erwiesen an, dass der 24-Jährige seine 16-jährige Schwester „aus reiner Intoleranz“ tötete.
Hamburg. Für den sogenannten Ehrenmord an der Deutsch-Afghanin Morsal hat das Hamburger Landgericht den Bruder der 16-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die Richter sprachen den 24-jährigen Ahmad-Sobair Obeidi am Freitag des heimtückischen Mordes aus niederen Beweggründen schuldig. "Er tötete aus reiner Intoleranz", sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Backen.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der junge Mann seine Schwester am 15. Mai 2008 aus Wut über ihren westlichen Lebensstil durch einen Cousin auf einen Parkplatz in Hamburg locken ließ und sie nach einem Wortwechsel mit 23 Messerstichen gezielt tötete. Der Vorsitzende Richter sprach von einem "Blutbad", das der Angeklagte vorsätzlich plante, weil alle anderen Möglichkeiten zur "Disziplinierung" Morsals gescheitert waren.
Die 16-Jährige habe vor ihrem Tod ein "jahrelanges Martyrium" durchleben müssen und sei von dem Angeklagten geschlagen und bedroht worden. Dann habe sich der Angeklagte vor dem Hintergrund der afghanischen Traditionen berufen gefühlt, auch "die letzte Möglichkeit zu ergreifen".
Auch die Eltern kritisierte der Richter scharf. Über ihre Schuld habe das Gericht zwar nicht zu befinden, schließlich seien weder Mutter noch Vater angeklagt worden. "Aber wenigstens eine hohe moralische Mitschuld trifft sie." Das Urteil löste Tumulte bei der Familie des Täters aus. Sie beschimpfte Richter und Staatsanwalt wüst.
Die Frauenrechtsorganisation Terres des Femmes begrüßte das "deutliche Signal" an alle, die versuchten, "solche Taten als kulturelle Eigenart zu relativieren". In den vergangenen zehn Jahren waren in Deutschland rund 50 Frauen getötet worden, weil sie aus Sicht der Familie traditionelle Normen verletzt hatten.