Sturmtief "Egon" Ein Grad fehlte Tief „Egon“ zum Chaos
Warum aus dem Sturmtief doch nur ein „Tiefchen“ wurde — und es so starke regionale Unterschiede beim Wetter gab.
Düsseldorf. Nach der Unwetterwarnung am Vorabend hat der Tag für Menschen überall in der Region am Freitagmorgen wohl mit einem bangen Blick aus dem Fenster begonnen. Dann allerdings konnten die Düsseldorfer beruhigt ihre Kaffeemaschine anwerfen und sich auf eine usselige Fahrradfahrt bei Dauerregen ins Büro einstellen, während sich nur wenige Kilometer weiter der Wuppertaler in den Mantel schmiss und seufzend zum Schneeschippen in die Kälte zog. Sturmtief „Egon“ richtete in ganz NRW weit weniger an als angekündigt — und doch war auffällig, dass er in der einen Stadt für Winterwunderland sorgte und in der nächsten für matschiges Mistwetter.
Schon am frühen Freitagmorgen hatte der Wetterdienst seine Unwetterwarnung aufgehoben. 30 Zentimeter Schnee in Hochlagen und zehn Zentimeter im Flachland hatte „Egon“ den Vorhersagen zufolge bringen sollen. Tatsächlich schneite es auch ordentlich im Sauerland, im Siebengebirge, in der Eifel und im nördlichen Münsterland. Auf der A4 im Bergischen Land gab es eine geschlossene Schneedecke, ebenso auf der A44 bei Aachen. Derweil rieselte in Düsseldorf, Krefeld und dem übrigen Niederrhein eine unangenehme Mischung von Regen, Schneeregen und auch mal Hagel vom trüben Himmel.
Das Problem war, dass lange unklar war, wo lang „Egon“ genau ziehen möge, erläutert Ines Wiegand, Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst in Essen: „An dieser Zugbahn hängt sehr viel.“ Denn genau unter dem Tief passiere wenig, am Rand allerdings — der etwa das Münsterland streifte — gebe es viel Schnee. „Egon“ schob zunächst eine Warmfront vor sich her, die Regen mitbrachte, erklärt Wiegand. Dann kam das Tiefdruckgebiet und zog eine Kaltfront hinterher. Die hätte den massenhaften Schnee bringen sollen. „Aber im Flachland hat es nicht gereicht“, so Wiegand. Die Kaltfront habe die Luft um ein, zwei Grad zu wenig abgekühlt. Und das reiche, damit sich vorhergesagter Flockentanz in fiesen Dauerregen verwandele.
Diese kleinen Wendungen auf der Tief-Wanderung, die gleich eine ganze Wetterlage kippen können, sind laut der Expertin nicht genau berechenbar. Denn in die Modelle der Meteorologen fließt eine Vielzahl von Wetterdaten ein — aber eben auch einige Annahmen. „Es sind sehr gute Abschätzungen — aber immer noch Abschätzungen“, gibt Wiegand zu. Das sei nötig, um frühzeitig warnen zu können. „Denn wenn wir Warnungen erst in der Nacht ausgeben, bekommt es keiner mehr mit. Da muss man mit einer gewissen Unsicherheit leben.“ Allerdings sei es bei „Egon“ knapp gewesen: „Es lag wirklich an ein oder zwei Grad. Das hätte auch ganz anders ausgehen können.“
Dass es in Wuppertal, Solingen oder Remscheid trotzdem zu Schnee gereicht hat, liegt dann laut Ines Wiegand auch nur an diesem Quäntchen mehr Kälte: Denn mit 100 Meter Höhenunterschied, sinke die Temperatur um ein Grad. Das entscheidende Grad. So könnten nicht mal 30 Kilometer Entfernung zu zwei gefühlt unterschiedlichen Klimazonen führen.
Auch das Wochenende soll weiter Schneeschauer und Wind bringen — wobei auch dieser Schnee im Rheinland nicht liegenbleiben dürfte. „Nach Montag beruhigt sich dann die Lage“, verspricht Wiegand. Ein Hochdruckgebiet bringe trockenes Wetter mit — „wir werden auch mal die Sonne sehen“. Allerdings: Gleichzeitig wird es dann ziemlich frostig.