Ein neues Herz für Melissa
ZDF-Spendengala: Das Schicksal des dreijährigen Mädchens aus Mönchengladbach rührt bei „Ein Herz für Kinder“ ein Millionenpublikum.
Mönchengladbach. Endlich kann die kleine Melissa wieder herumtoben und spielen, ihre großen braunen Augen leuchten. Mehr als ein Jahr lag das dreijährige Mädchen aus Mönchengladbach im Krankenhaus, eine Maschine, ein externes Kunstherz, hielt sie am Leben. Doch nun hat ein neues Leben für die quirlige Kleine begonnen: Sie hat ein Spenderherz bekommen.
Ende November wurde Melissa im Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen operiert. Bis zuletzt hatte die 18-jährige Mutter Jessica Feldbusch um ihr Kind gebangt: „Es war ein Hin und Her. Man hat Angst, dass etwas schiefgeht oder dass es doch nicht klappt.“ Melissas Schicksal rührte am Samstagabend fast fünf Millionen Fernsehzuschauer der ZDF-Spendengala „Ein Herz für Kinder“.
Bei der Geburt im September 2007 war Melissa kerngesund. Kurz vor ihrem zweiten Geburtstag brach das Unheil über die kleine Familie herein. „Melissa hatte Bauchschmerzen, konnte kaum essen und bekam keine Luft“, erzählt Herzspezialist Professor Deniz Kececioglu, der das Mädchen die ganze Zeit behandelte. Diagnose: Herzmuskelentzündung.
„Erst haben wir es mit Medikamenten probiert, diese Hoffnung hat sich aber nicht erfüllt. Es ging ihr immer schlechter. Darum haben wir sie an ein Kunstherz angeschlossen“, erklärt der Kardiologe. Fortan war die Pumpe auf Rollen ständiger Begleiter des Kindes, ein Apparat so groß wie eine Waschmaschine und 70 Kilogramm schwer.
Zwei etwas mehr als einen Meter lange Schläuche führten zu Melissas Herzkammer und zur Schlagader. Der Akku des Geräts hält nur eine halbe Stunde. „Das Gebäude zu verlassen, war eine Ausnahme“, sagt der 57-Jährige. Einmal bei Schnee war das Mädchen draußen. „Das war eine ganz neue Erfahrung für sie.“
Weil ihr Zustand so bedrohlich war, wurde Melissa auf Platz eins der Transplantationsliste der niederländischen Organisation Eurotransplant gesetzt. Doch lange passierte nichts. „Es gibt immer weniger Spenderherzen und immer mehr Patienten“, sagt Kececioglu. Das Spenderorgan muss zur Größe des Menschen und seiner Blutgruppe passen.
Normalerweise findet sich innerhalb von 50 bis 100 Tagen ein geeignetes Organ — Melissa hingegen musste 488 Tage warten. „Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben“, sagt Jessica Feldbusch über die bange Zeit des Wartens. „Wir haben auch andere gesehen, bei denen es geklappt hat und das hat dann auch immer wieder Mut gemacht.“
Die Operation im November hat das Mädchen gut überstanden. „Es gab nur eine ganz kleine Abstoßungsreaktion. Diese wurde mit Medikamenten gestoppt“, sagt Klinikleiter Kececioglu. Ein völlig normales Leben wird Melissa aber nie führen können. „Melissa wird ihr Leben lang Medikamente gegen die Abstoßung des fremden Herzens nehmen müssen. Die Dosierung ist immer eine Gratwanderung. Bekommt sie zu viel, werden die Abwehrkräfte geschwächt, Infektionen drohen. Bekommt sie zu wenig, kann das Organ abgestoßen werden.“
Erfahrungsgemäß leben Patienten mit einem fremden Herzen zehn bis 15 Jahre, manche auch 20. Dann wird ein neues Herz gebraucht. Dennoch ist Kececioglu zuversichtlich. Er setzt auf neue Technik und Medikamente. Die Mutter ist erleichtert: „Melissa geht es bestens. Sie ist ganz fröhlich und läuft über die Station.“ Weihnachten und Neujahr muss die kleine Familie noch im Krankenhaus verbringen, dann darf Melissa wieder nach Hause.
Bislang bekamen 2010 in Bad Oeynhausen fünf Kinder und Jugendliche ein neues Herz. Insgesamt gab es in der Klinik bis Oktober 59 Herztransplantationen, bundesweit waren es 287. 2009 wurden Bad Oeynhausen 74 Herzen transplantiert, so viele wie in keiner anderen Klinik. Nach Angaben des Herzzentrums standen bundesweit im Oktober 942 Menschen auf der Warteliste für ein neues Herz.