Einbrüche in NRW Einbrüche: Aufklärungsstatistik geschönt?

Ein Kriminologe sorgt bei einer öffentlichen Expertenanhörung im Innenausschuss für Diskussionen. Innenminister Jäger (SPD) weist die Vorwürfe zurück.

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Düsseldorf. „Die Einbruchsstatistiken sind bundesweit geschönt und werden aufgrund von Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik definiert, die viel Spielraum zur Interpretation lassen.“ Das sagte am Donnerstag der Polizeiwissenschaftler und Kriminologe Frank Kawelovski bei einer öffentlichen Expertenanhörung des Innenausschusses des Landtags zum Thema „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls“, die die CDU-Fraktion beantragt hatte.

In einem von ihm erstellten schriftlichen Bericht kommt Kawelovski unter anderem zu dem Schluss, dass „eine große Zahl von Fällen auf der Grundlage reiner Mutmaßungen als geklärt bezeichnet wurden, ohne dass ein weiterer Beweis gegen einen Tatverdächtigen erbracht worden ist“. Mit dieser These löste Kawelovski eine Kontroverse aus. Von seinem Vorwurf, bei der Polizei werde „selbst vor gezielten Statistikfälschungen nicht zurückgeschreckt, um die Quoten künstlich zu erhöhen“, rückte er später ab und sagte, dass er bei seiner wissenschaftlichen Arbeit keine „echten Fälschungen“ festgestellt habe.

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag, Joachim Stamp, kritisierte dennoch, dass „die Polizeistatistiken in Teilen massiv geschönt sind“. Bei den Täterstrukturen würden Spekulationen zu Fakten stilisiert. Auch gebe es „offenbar empfundenen Druck vom NRW-Innenministerium auf die Dienststellen, Aufklärungsquoten zu schönen“. Dies sei unverantwortlich und bedürfe der Aufklärung, so Stamp weiter.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) wehrte sich umgehend gegen den Vorwurf, die Polizei fälsche ihre Ermittlungsbilanz zu Wohnungseinbrüchen. Die Aufklärungsstatistik werde nach bundesweit einheitlichen Kriterien geführt, sagte er. „Uns liegt daran, den Bürgern ein klares Bild zu vermitteln.“

Landeskriminalamtssprecher Frank Scheulen betonte, dass jede Kriminalstatistik erst veröffentlicht werde, wenn zuvor eine Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle stattgefunden habe. Scheulen: „Die Richtlinien für die Führung der polizeilichen Kriminalstatistik für Nordrhein-Westfalen sind eindeutig.“ Als aufgeklärt gelte eine Straftat, „die nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis mindestens ein Tatverdächtiger begangen hat, von dem grundsätzlich die rechtmäßigen Personalien (zum Beispiel mittels Ausweisdokument oder erkennungsdienstlicher Behandlung) bekannt sind“. „Und daran halten sich alle“, so Scheulen.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Theo Kruse, sagte wiederum, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems in der Einsetzung von Ermittlungskommissionen liege. Kruse: „Im vergangenen Jahr existierten jedoch nur 35 solcher Kommissionen in NRW.“Angesichts von mehr als 62 300 Einbrüchen im vergangenen Jahr sei dieses „krasse Missverhältnis schlichtweg peinlich“ und verdeutliche die verfehlte Schwerpunktsetzung der rot-grünen Landesregierung. Die CDU forderte Jäger auf, die Zahl der Ermittlungskommissionen „zeitnah mindestens zu verdoppeln“.

Bei der Expertenanhörung kamen auch drei Vertreter von Polizeigewerkschaften in Sachen Einbrüche in NRW zu Wort. Sowohl Volker Huß als auch Erich Rettinghaus und und Oliver Huth bemängelten die personelle Ausstattung der Polizei. Huß: „Der Dreh- und Angelpunkt bleibt das Personal. Wir hatten in den vergangenen Jahren immer zu wenig Leute.“ Daher müsse man bei den Ermittlungen Schwerpunkte setzen. Dennoch stehe die Tatortsicherung als fester Bestandteil der Qualitätsoffensive NRW im Fokus der Ermittler. Die von der CDU geforderten „festen, spezialisierten Teams“, die bei Einbrüchen die ersten Ermittlungsarbeiten aufnehmen sollen, sind aber laut Erich Rettinghaus mit Blick auf die Personaldecke „kaum machbar“.

Man müsse die Organisation ändern und so die Polizei entlasten, schlug Rettinghaus vor. Als Beispiel für eine notwendige Entlastung nannte er eine aktuelle Untersuchung, die Gründe für Polizeieinsätze an Freitagen und Samstagen in Wuppertal auflistet. „In 40 Prozent der Fälle geht es um Ruhestörung oder Verkehrsbehinderungen“, sagte Rettinghaus.

Er sprach sich zudem für mehr Datenerfassung aus, die den Bürgern allerdings „deutlich erklärt werden muss“.