Erste Gegenüberstellung Schirn Kunsthalle zeigt Doppel-Schau „Giacometti-Nauman“

Frankfurt/Main (dpa) - Der Eine ist für seine dürren Bronzefiguren mit den dicken Füßen bekannt, der Andere schuf revolutionäre Videoarbeiten mit nackten Körpern: Alberto Giacometti und Bruce Nauman.

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Den beiden weltberühmten Künstlern widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt von diesem Freitag an eine Doppel-Ausstellung. Mit ihr will die Kunsthalle nach Angaben vom Donnerstag ausloten, wie der Schweizer und der wesentlich jüngere US-Amerikaner die Tradition der Plastik einst revolutionierten - jeder auf seine eigene Weise.

Zu sehen sind in der groß angelegten Schau „Giacometti-Nauman“ vor allem die bekannten Hauptwerke: von Giacometti (1901-1966) Plastiken aus allen Schaffensphasen, von dem 74 Jahre alten Nauman das Frühwerk der 1960er- und beginnenden 1970er-Jahre. Die Exponate stammen aus den berühmtesten Museen Europas und den USA, darunter das Guggenheim Museum in New York, die Tate in London, das Centre Pompidou in Paris, das Louisiana Museum of Modern Art.

Verbindendes Element der rund 70 Skulpturen, Gemälde, Fotografien, Videos und Installationen ist vor allem das Sujet: Alle Arbeiten kreisen in irgendeiner Art und Weise um den Menschen und die Bedingungen des Menschseins. Während Giacometti als Vertreter der klassischen Moderne sein eigenes, originäres Menschenbild entwirft, kreisen die Werke Naumans um den (eigenen) Körper.

In der Video-Arbeit „Thighing (Blue)“ etwa malträtiert Nauman 1967 unter Stöhnen mit beiden Händen seinen Oberschenkel. Der Film „Poke in the eye/nose/ear 3/8/94 Edit“ zeigt, wie sich der Pionier der Konzept- und Performancekunst mit ausgestrecktem Zeigefinger unerbittlich in Auge, Nase und Ohr bohrt. In einem anderen Film ist wiederum ein Hodensack in Nahaufnahme zu sehen. „Marching Figure“ aus dem Jahr 1985 ist die Profilzeichnung einer sich bewegenden Figur mit gleichzeitig schlaffem und steifem Penis.

Von Giacometti zeigt die Schirn unter anderem die berühmte Bronzestatue „Walking Man“ („Homme qui marche“) aus dem Jahr 1960, jener leicht nach vornüber gebeugte Mensch mit den spindeldürren Beinen. Oder auch die „Grande femme IV“ mit ihren Hängebrüsten und dem breiten Becken - wohl die beiden bekanntesten Werke des Schweizers. Gezeigt wird auch das berühmte, mehr als zwei Meter hohe Bronze-Bein „La jambe“ (1958) aus dem Lehmbruck Museum Duisburg.

„Auf den ersten Blick erscheint dieses Gegenüberstellung durchaus gewagt“, räumt selbst Direktor Philipp Demandt ein. Vor allem, weil beide Künstler laut Schirn erstmals in einer Ausstellung zusammengeführt werden. Doch die künstlerische Begegnung eröffne neue, ungewohnte Perspektiven: „Giacometti gewinnt seine ursprüngliche Radikalität zurück und Nauman kann als herausragender Bildhauer neu entdeckt werden“, sagt Demandt.

Wem ein solcher Ansatz zu akademisch erscheint, kann sich 50 Jahre nach dem Tod Giacomettis wenigsten an einem erfreuen: an der puren Masse herausragender Werke zwei der bekanntesten Bildhauer des vergangenen Jahrhunderts. Denn die dürfte gerade im Jubiläumsjahr an keinem anderen Ort der Welt erreicht werden. Die Schau läuft noch bis zum 22. Januar.