Eine Ehec-Infektion verändert alles
In Hamburg sorgt ein neuer Todesfall für Aufregung. Ulrike Brandi (55) ist im vorigen Jahr erkrankt — und leidet bis heute.
Hamburg. Den 16. Mai 2011 wird Ulrike Brandi nie vergessen. Nur einen Tag zuvor hatte sie bei einem Workshop stundenlang Swing getanzt. Doch als die Hamburger Lichtdesignerin am nächsten Morgen erwacht, ist alles anders: Sie hat Durchfall, hohen Blutdruck, fühlt sich schlapp. Mit dem Rettungswagen geht es ins Krankenhaus. Verzweifelt suchen die Ärzte nach der Ursache.
Es dauert lange, bis sich herausstellt: Brandi ist Opfer der Ehec-Epidemie. Gut neun Monate sind seither vergangen. Doch die Folgen der Krankheit spürt die 55-Jährige noch immer. Ihr Blutdruck ist hoch, sie muss regelmäßig Medikamente nehmen.
Im Frühsommer des vergangenen Jahres beherrschte Ehec wochenlang die Schlagzeilen. Einst kerngesunde Menschen lagen auf überfüllten Intensivstationen, Schwerpunkt des aggressiven Lebensmittel-Keims war Norddeutschland. 53 Menschen überlebten die Erkrankung nicht. Nun gibt es in Hamburg einen neuen Ehec-Fall. Ein sechsjähriges Mädchen starb an den Folgen der Infektion. „Das ist ein Einzelfall“, betont eine Sprecherin der Gesundheitsbehörde.
In Deutschland erkrankten nach Angaben des Robert Koch-Instituts auch vor dem großen Ehec-Ausbruch im vergangenen Mai 800 bis 1200 Menschen pro Jahr an Ehec. Es habe auch immer wieder Todesfälle gegeben. Als Ursache für die Ehec-Welle 2011 fanden Wissenschaftler frische Sprossen.
Die hatte auch Brandi gegessen. Als die Ärzte bei ihr das hämolytisch-urämische Syndrom — die schwere Verlaufsform der Ehec-Infektion — diagnostizieren, ist das ein riesiger Einschnitt. „Ich war noch nie in meinem Leben so lange krank“, sagt die 55-Jährige.
Im Krankenhaus kamen Symptome hinzu: Ihr Körper schwoll an, tat bei jeder Bewegung weh, sie musste ständig auf die Toilette. Auch hatte sie neurologische Störungen, an vieles konnte sie sich plötzlich nicht mehr erinnern. „Schlafen und leiden waren meine Hauptbeschäftigungen.“
Die Ehec-Erkrankung hat Brandis Leben verändert. Sie ist beruflich zwar immer noch viel in der Welt unterwegs, hat für sich aber neue Wege gefunden, mit beruflichem Stress umzugehen. „Ich achte mehr auf mich, gehe mit Überlastung besser um“, sagt sie und fügt hinzu: „Vielleicht hilft Ehec mir ja, 104 Jahre alt zu werden.“