Rosenmontagszüge nehmen Wulff aufs Korn
Köln/Düsseldorf/Mainz (dpa) - Der zurückgetretene Bundespräsident Christian Wulff ist bei den Rosenmontagszügen im Rheinland besonders gern aufs Korn genommen worden. Ganz aktuell schlüpfte in Düsseldorf sogar schon sein nominierter Nachfolger Joachim Gauck aus dem Ei.
Bei trockenem Wetter säumten Millionen Zuschauer die Straßen in Köln, Düsseldorf oder Mainz und feierten den Höhepunkt des Straßenkarnevals. Den schwäbisch-alemannischen Narren waren dagegen Wulff und Co. egal.
Mit ihren Mottowagen gossen die Narren in den rheinischen Karnevalshochburgen aber auch ihren Spott über die Euro-Krise, Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy sowie über die ungleichen Kräfteverhältnisse in der schwarz-gelben Koalition.
Die Düsseldorfer waren wieder besonders bissig: Ein Wagenmotiv zeigte Wulff als gerupften Bundesadler kopfüber abgestürzt mit dem Schriftzug „Und Tschüss...“. Dahinter pickte sich Gauck aus einem Ei. Die Wagenbauer hatten ihre Wulff-Motive nach dessen Rücktritt noch am Wochenende umgebaut. In Mainz ging Wulff im Boxring k.o. in die Knie, in Köln wurde er vom „deutschen Michel“ aus einem viel zu großen Anzug gezogen.
In der Domstadt führte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aber auch FDP-Chef Philipp Rösler als Hündchen an der Leine - das Motiv wurde lange vor der Gauck-Kür ersonnen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad spaltete die UNO mit seiner Atombombe. Beim „Zoch“ unter dem Motto „Jedem Jeck sing Pappnas“ waren mehr als 12 000 Aktive dabei, die gut 300 Tonnen Süßigkeiten unters Volk warfen.
In Mainz war es der 111. Rosenmontagszug. Die Wagen zeigen unter anderem Kanzlerin Merkel im „Kopfstand“ bei Themen wie Atomausstieg und Mindestlohn. FDP-Chef Philipp Rösler guckte traurig aus seiner übergroßen „toten Hose“ unter einem Pleitegeier. Selbst die rechtsextremistische Mordserie und die Diskussion um ein mögliches Versagen der Sicherheitsbehörden waren Thema: Drei V-Leute mit Sonnenbrillen standen neben einer Döner-Bude. Dazu hieß es: „Nichts hören, sagen, sehen? Man kann es nicht verstehen!“
Bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht in Baden-Württemberg herrschten andere Gesetze. Dort stand in Rottweil der traditionelle Narrensprung an. Rund 4000 Kleidlesträger zogen mit lautem Geschrei und dem Ruf „Hu-hu-hu-hu-hu“ durch die Stadt. Mit Hilfe ihrer Stangen vollführten die Narren wilde Sprünge.
Bei den Narren in Schramberg im Schwarzwald gab es eine Premiere: Auch wenn der Fluss Schiltach zugefroren war, ließen sie sich nicht die Da-Bach-na-Fahrt nehmen. Statt „da Bach na“ fuhren sie jedoch mit ihren Holzzubern auf Rädern die Einkaufsstraße entlang - das gab es so noch nie. Dafür, dass keiner trocken blieb, sorgte die Feuerwehr mit einem Planschbecken im Ziel. So konnten die Narren doch noch ihren Fastnachtsruf „patsch-nass“ schmettern.
Unterdessen feierten und tanzten in Brasiliens Karnevalshochburg Rio de Janeiro hunderttausende Jecken bei sommerlichen Temperaturen. „Só Alegria“ (Nur Freude) hieß das Motto der Narren, die an einem der 400 Straßenumzüge teilnahmen. Im legendären Sambódromo hatte ein Verein sich ein ungewöhnliches Thema ausgesucht: die Geschichte des Joghurts. „Der Joghurt ist Symbol der Gesundheit, der Freude und der Vitalität - alles Synonyme für unseren Karneval“, erläuterte einer der Vereinsfunktionäre das Motiv.
Zum Finale der fünften Jahreszeit werden am Fastnachtsdienstag zu großen Umzügen in Stuttgart und Karlsruhe Hunderttausende erwartet, auch in Rottweil wird nochmal gesprungen und in München steht der Tanz der Marktfrauen auf dem Viktualienmarkt an.