Regionale Produkte Online einkaufen Einzelhandel profitiert vom Internet
Regionale Händler-Netzwerke gehen online und nutzen die digitale Konkurrenz. Vorreiter sind Mönchengladbach und Wuppertal.
Mönchengladbach/Wuppertal. Der Online-Handel wird von Einzelhändlern meist als Konkurrent begriffen. Wer geht denn noch einkaufen, wenn alles online verfügbar ist und kostenfrei nach Hause geliefert wird? Gegen den Druck aus dem Netz helfen nur innovative Handelsmodelle. Jetzt haben sich die Einzelhändler aus Mönchengladbach ausgerechnet mit dem Internet-Giganten eBay zusammengetan. Seit dem 1. Oktober bieten bereits mehr als 50 lokale Händler ihre Waren bei „Mönchengladbach bei eBay“ an: Antiquitäten, Lederwaren, Elektronikartikel — das ganze Programm.
„Mönchengladbach bei eBay“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach, der Hochschule Niederrhein und eBay. Vorerst soll der Versuch bis Mitte 2016 laufen. Grundlage der Aktion ist ein Forschungsprojekt der Wirtschaftsförderung zu den „Auswirkungen des Online-Handels auf Städte und Gemeinden in NRW am Beispiel der Stadt Mönchengladbach“. Neben zahlreichen anderen Handlungsempfehlungen wurde auch die Präsenz auf Online-Marktplätzen als eine wichtige Reaktion auf das veränderte Kaufverhalten empfohlen. Denn, so Gerrit Heinemann, Professor an der Hochschule Niederrhein, mehr als 60 Prozent der Menschen starten ihren Einkauf mit der Suche im Netz — und zwar nicht auf lokaler Ebene, sondern bei Google, Amazon und eben eBay. Und da Heinemann die eBay-Spitze kennt, stellte er den Kontakt her.
Die Zusammenarbeit mit der etablierten Plattform soll Händlern den Einstieg in den digitalen Markt erleichtern. Jetzt liege es aber an den Geschäftsleuten, das zu nutzen, sagt Heinemann. „Wir haben das Pferd zum Trog geführt, jetzt muss es trinken.“
Ein anderes Modellprojekt ist die Online-City Wuppertal. Diese gibt es seit vergangenem November. Mittlerweile sind 62 stationäre Händler involviert und bieten ihre Waren online an. Die Kunden können sie bestellen und selbst abholen oder sich liefern lassen. Bisher habe es etwa 150 Bestellungen gegeben, sagt Christiane ten Eicken, Projektleiterin der Online-City Wuppertal. Aber der eigentliche Erfolg seien erhöhte Besuchszahlen in den Läden, die teilweise zweistellig seien. „Die Kunden sollen darauf aufmerksam gemacht werden, was es in Wuppertal alles gibt“, erklärt ten Eicken, den Zweck der Online-City. Und das funktioniere.
Das Projekt in Mönchengladbach sieht sie kritisch. So träten die lokalen Händler in den digitalen Preiskampf mit allen Anbietern des Auktionshauses ein. „Wenn alle lokalen Händler auf solche Plattformen gehen, kannibalisieren sie sich gegenseitig“, sagt sie. Für Heinemann klingt das absurd. „So funktioniert doch Marktwirtschaft.“ Die Kunden verglichen die Preise sowieso, unabhängig davon, auf welcher Plattform sie stünden. „Ein rein lokaler Marktplatz läuft dem Verhalten der Kunden entgegen. Das sagen alle Studien.“
Dennoch wurde die lokal-ausgerichtete Online-City erst kürzlich von der „Wirtschaftswoche“ mit dem „Digital Transformation Award“ als Leuchtturmprojekt ausgezeichnet. Für Heinemann deutlich zu früh. „Ich würde nie ein Konzept auszeichnen, das sich noch nicht bewährt hat“, sagt er. Bei Start-ups dauere das zwei bis drei Jahre. eBay hingegen sei etabliert — wenn auch gerade im Begriff, sich neu auszurichten, um weiter gegen Amazon zu bestehen. Durch eine stärkere Lokalisierung könnte der Internet-Riese so noch zum Freund der Händler werden, statt als Feind dazustehen.