Elbenkloppe bei der „Hobbit Convention“
Bonn (dpa) - Drohend hat der schreckliche Balrog seine Flammenpeitsche erhoben. „Cool“, meint einer der Umstehenden. „Wie bist du ausgerechnet auf einen Balrog gekommen?“
Da tönt aus dem schwarzen Schlund des Dämons ein helles Stimmchen: „Also, ich fand's reizvoll, weil ein Feuerwesen ja eigentlich gar nicht darstellbar ist.“
So verlaufen die typischen Dialoge bei der „Hobbit Convention“. In dem Bonner Hotel, in dem das Treffen stattfindet, müssen sich an diesem Osterwochenende die Normalos als Freaks fühlen. Denn auf einen Anzug kommen schätzungsweise 100 Elbengewänder und auf eine Jeans 50 Hobbit-Hosen. Den Balrog gibt es allerdings nur einmal, und darauf hat es seine Darstellerin, die 25-jährige Jessica aus Wuppertal, auch angelegt: „Ich hab' mir gedacht, hier laufen schon so viele Elben rum.“
Im Dezember ist der dritte und letzte von Peter Jacksons „Hobbit“-Filmen in die Kinos gekommen, jetzt ist Schluss. Doch die richtigen Fans stört das nicht. Sie verweisen darauf, dass sie sich auch noch immer regelmäßig zur „Ring Convention“ treffen, obwohl „Der Herr der Ringe“ schon vor mehr als zehn Jahren im Kino lief.
Außenstehende würden wohl behaupten, dass es bei der „HobbitCon“ gar nicht so viel zu sehen gibt. Die größte Attraktion sind einige Nebendarsteller aus den Filmen. Was die bis zu 5000 Fans teils aus den USA oder sogar aus Australien anreisen lässt, ist vor allem die Aussicht, sich drei Tage lang mit Leuten auszutauschen, die ähnlich tief im Stoff sind wie sie selbst. Sie fachsimpeln darüber, ob man nun den Workshop „Likörherstellung nach Hobbitart“ belegen sollte oder besser „Hufe und Hörner gießen“. „Geht's hier zur Elbenkloppe?“ Nein, hier läuft jetzt „Zwergenrauferei“.
Kira (17) zeigt auf das Muster am unteren Saum ihres Zwergenmantels: „Originalgetreu!“, beteuert sie. „Es gibt Bücher, wo alles ganz genau abgebildet ist.“ Hunderte Euro hat sie investiert. Und doch hat sie die Befürchtung, dass ein Experte kleine Fehlstellen erkennen könnte.
Um das zu vermeiden, verkörpert Valerie (22) „den Vater von Kili und Fili“. Der kommt zwar in den Filmen gar nicht vor, aber genau das ist das Gute: Da kann niemand kritisieren, dass ihr Bart eigentlich länger oder ihre Ohren spitzer sein müssten.
Der Maßschneider Sven Weber, der Kostüme für bis zu 12 000 Euro anfertigt, hat sich sogar eigens auf Figuren spezialisiert, die in den Filmen nicht auftreten. „Ich mag die Filme nicht“, sagt er, „ich mag die Bücher.“ Vor allem das „Silmarillion“, die Vorgeschichte zu „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“. Es gilt als Fachlektüre, handlungsarm und kompliziert. Doch Weber lässt das nicht gelten: „Es ist nicht so kompliziert wie die Bibel.“
Frauen sind bei diesem Treffen bei weitem in der Mehrheit. Und das, obwohl in den Buchvorlagen von J. R. R. Tolkien (1892-1973) so gut wie keine Frauen vorkommen und in den Filmen auch nur einige wenige. Doch viele Frauen genießen es gerade, in eine Männerrolle zu schlüpfen.
Andere wiederum zeigen ihre feminine Seite wie sonst nie. Aus einer Reihe von Wartenden ragt eine große junge Frau in einem langen weißen Gewand hervor. Zuhause in Rotterdam kennt man sie als Cindy. Hier aber ist sie für drei Tage jemand anders: „Ich bin Galadriel“, sagt sie. „Das ist die schönste Elbin von allen.“