Eltern der Erfurter Amokopfer für scharfes Waffenrecht

Erfurt (dpa) - Vor zehn Jahren schoss ein 19-Jähriger am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt mit tödlicher Präzision um sich. Die 16 Opfer des Amoklaufs, dem ersten dieser Dimension in Deutschland, sind unvergessen.

Gestritten wird weiter um das Waffenrecht.

Schüler, Lehrer und Angehörige gedachten in Erfurt der 16 Opfer des Schulmassakers am Gutenberg-Gymnasium vor zehn Jahren. Mehrere hundert Menschen, darunter Vertreter der Landesregierung, aber auch aus Winnenden, wo es 2009 einen Amoklauf gab, erinnerten am Donnerstag an die Menschen, deren Leben innerhalb weniger Minuten ausgelöscht wurden.

Verlesen wurden die Namen der zwölf Lehrer, zwei Schüler, der Sekretärin und des Polizisten, die von einem 19 Jahre alten Ex-Schüler erschossen worden waren. Das Schulmassaker war das erste dieser Dimension in Deutschland. Der Täter tötete sich nach dem Blutbad selbst. Das Tatmotiv konnte nie geklärt werden.

„Der 26. April 2002 hat auf grausamste Weise gezeigt, wie wichtig Gemeinschaft ist“, sagte Wieland Krispin als Vertreter der Schüler. Eine Schülerin, die das Massaker 2002 als Abiturientin erleben musste, berichtete, wie gut ihr die Umarmungen teils wildfremder Menschen damals getan haben. „Mehr braucht es nicht, um sich nicht allein zu fühlen“, sagte sie.

Lehrer und ehemalige Schüler verbanden das Gedenken mit der Mahnung, Schule zu einem besseren Ort zu machen und niemanden mit seinen Problemen alleinzulassen. Gefordert wurde ein verschärftes Waffenrecht.

Die Wunden, die die Bluttat gerissen habe, seien auch zehn Jahre danach noch nicht verheilt, erklärte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Rande der Gedenkstunde.

Bevor das Gedenken begann, läuteten die Glocken Erfurter Kirchen, die erste 10.55 Uhr - zu dieser Zeit hatte vor zehn Jahren der Amoklauf begonnen. Als Zeichen der Trauer und Hoffnung ließen Schüler weiße Luftballons aufsteigen. Auf der Treppe zu der nach der Bluttat umgebauten Schule und an der Gedenktafel wurden Blumensträuße und Rosen niedergelegt.

Der Täter von Erfurt hatte einen Schulverweis erhalten und war als Mitglied eines Schützenvereins an Waffen gekommen. Zu dem Jahrestag der Schultragödie bekräftigten Elternvertreter ihre Forderung nach einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts. Sieben Millionen Waffen in privaten Haushalten seien ein „ungeheures Gefahrenpotenzial“, sagte der ehemalige Elternsprecher des Gutenberg-Gymnasiums, Harald Dörig.

Die 16 Opfer sollten die Politik bewegen, den Missbrauch von Schusswaffen zu verhindern. „Das sind wir den Opfern des 26. April 2002 schuldig“, sagte der Jurist, der als Bundesrichter arbeitet. Lieberknecht nannte die Bundestagsentscheidung zu einem zentralen Waffenregister einen „notwendigen Schritt“.

Der Bundestag beschloss am Abend die Einrichtung eines deutschlandweiten Waffenregisters: Das Parlament stimmte für die Einführung des Registers bis Ende dieses Jahres. Künftig soll schnell abrufbar sein, wer Besitzer einer Waffe ist und wo er sie gekauft hat.

„Wir müssen wissen, wo welche Waffen in Deutschland lagern“, sagte die Ministerpräsidentin. „Wir brauchen strenge Kontrollen von Waffen.“ Das Waffenrecht in Deutschland war nach dem Schulmassaker 2002 und nach dem Amoklauf von Winnenden (Baden-Württemberg) geändert worden.