Entsetzen nach Feuerinferno in Kenia

Addis Abeba/Nairobi (dpa) - Am Tag nach dem Flammeninferno in einem Armenviertel von Nairobi hat sich am Dienstag das ganze Ausmaß der Katastrophe gezeigt.

Zahlreiche Familien in dem Slum haben Medienangaben zufolge bei dem verheerenden Brand alles verloren und mussten die Nacht im Freien zwischen den Trümmern verbringen. Weiter unklar war, wie viele Menschen in dem Feuer ums Leben gekommen sind.

Lokale Medien sprachen am Abend von mindestens 100 Opfern, jedoch konnten viele Leichen noch nicht geborgen werden. Polizeichef Thomas Atuti hatte am Morgen gegenüber dem Radiosender Capital FM erklärt, dass weitere Leichen in einem Fluss trieben, der durch den Slum führt. Anwohner, deren Kleider und Haare in Flammen aufgegangen waren, hatten versucht, das Feuer in den Fluten zu löschen. Jedoch war Zeugen zufolge auch Treibstoff in den Fluss gelaufen.

Die Regierung ordnete für diesen Mittwoch und Donnerstag eine Trauer im ganzen Land an. Alle Flaggen sollen in dieser Zeit auf Halbmast hängen, öffentliche Feierlichkeiten sind untersagt.

Es werde erwartet, dass viele Familien in der örtlichen Leichenhalle nach ihren Angehörigen suchen werden, hieß es weiter. Jedoch seien die meisten Opfer bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, so dass DNA-Tests nötig seien, um ihre Identität zu bestätigen.

Nach Polizeiangaben wurden am Dienstag noch 112 Verletzte im Kenyatta National Hospital behandelt. Etwa 40 von ihnen lägen wegen ihrer schweren Verbrennungen auf der Intensivstation.

Unterdessen stieg die Sorge über eine drohende humanitäre Krise in dem Gebiet: „Männer, Frauen und Kinder mussten die Nacht in der Kälte verbringen, nachdem ihre selbst gebauten Hütten abgebrannt waren“, berichtete Capital FM. Die Regierung kündigte an, Zelte für die betroffenen Familien im Sinai-Slum aufstellen zu wollen. Das kenianische Rote Kreuz schickte Mitarbeiter in das Unglücksgebiet, die den traumatisierten Überlebenden helfen sollen.

Ministerpräsident Raila Odinga sicherte den Bewohnern Entschädigungszahlungen zu. Seine Regierung werde Anwohnern, die in unmittelbarer Nähe der Pipeline leben, ein Jahr lang die Miete zahlen, bis sie in eine sicherere Gegend umgesiedelt werden könnten. Etwa 300 Familien, die bei dem Brand ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, sollen sofort in eine Unterkunft in der Stadt gebracht werden.

Odinga bezeichnete das Unglück als „schockierend“ und bestätigte dem Sender BBC, ein Pipeline-Leck auf dem Gelände der Kenya Pipeline Company (KPC) habe das Flammeninferno ausgelöst. Der Kraftstoff war dann in den Abflusskanal des Slums geflossen. Anwohner hatten versucht, Benzin abzuschöpfen, als Feuerbälle in den Himmel schossen. Odinga versprach Ermittlungen zur genauen Unglücksursache.

„Es gab solche Unfälle in der Vergangenheit, aber die Leute wollen einfach nicht lernen“, erklärte Odinga. „Wir haben ihnen gesagt, dass sie sich bei solchen Unfällen nicht dem Treibstoff nähern sollen.“

Kritik wurde an der Betreiberfirma der Pipeline laut. Die Rohre sollen veraltet, marode und verrostet gewesen sein. „KPC hat den Rat von Experten ignoriert, die das Unternehmen aufgefordert hatten, die Killer-Pipeline zu ersetzen“, schrieb die Zeitung „The Standard“.