Erdbeben: Überall Schutt und Trümmer

Südspanische Stadt Lorca verwüstet. Experten sehen für andere Regionen des Landes wenig Gefahr.

Lorca/Krefeld. Es war das schlimmste Erdbeben seit mehr als 50 Jahren in Spanien. „Lorca sieht aus wie Beirut“, sagt Bürgermeister Francisco Jodar, „mit all’ den Trümmern auf dem Boden und großen Rissen in den Wänden.“ Am Tag nach dem schweren Erdbeben fühle er sich wie in einem „Albtraum“. Schutt und Gesteinsbrocken auf allen Straßen. Dazwischen weinende Menschen, die sich in Decken hüllen.

Die Bilanz der Katastrophe, die am Mittwochabend aus der stolzen Stadt Lorca in der Region Murcia, in der etwa 90 000 Menschen leben, ein Meer der Ruinen machte: Zehntausende Häuser, rund 80 Prozent aller Gebäude, sind beschädigt, tausende Menschen obdachlos. Neun Tote, ein Vermisster, 300 Verletzte. Zehntausende Bewohner verbrachten die Nacht nach dem Erdbeben im Freien, schliefen in ihren Autos oder irgendwo auf der Straße. Am Donnerstag begannen das Militär und das Rote Kreuz, Notlager aufzubauen.

Zwei Erdstöße hatten am Mittwoch die Stadt erschüttert: Zuerst bebte es um 17.05 Uhr leicht, dann folgte um 18.47 Uhr das Hauptbeben mit der Stärke 5,1 auf der Richterskala. Die Erdstöße wurden auch beim Geologischen Dienst NRW in Krefeld registriert. Geophysiker Dr. Klaus Lehmann, Leiter des Erdbebendienstes: „Das Epizentrum lag nur wenige Kilometer vom Ort entfernt. Die für ein Beben dieser Stärke vergleichsweise hohen Schäden resultieren daraus, dass der Herd nur in knapp zwei Kilometern Tiefe lag.“

Üblicherweise, so Lehmann, ereignen sich Erdbeben in Europa in einer Tiefe zwischen zehn und 15 Kilometern. Entsprechend verhalte es sich mit den durch die Beben ausgelösten Schäden. Lehmann: „Das muss man sich letztlich vorstellen wie bei einem vergrabenen Sprengsatz: Je mehr Erde bei der Explosion über dem Herd liegt, desto mehr wird der Druck gedämmt.“

Mehr als 50 Millionen ausländische Touristen reisen jedes Jahr nach Spanien. Wie groß ist für sie das Risiko, von einem schweren Erdbeben überrascht zu werden? Lehmann: „Südspanien liegt am Rande einer tektonischen Linie, an der die eurasische und die afrikanische Erdplatte zusammenstoßen. Dieses potenzielle Bebengebiet zieht sich durch den gesamten Mittelmeerraum und ist auch für die letzten schweren Erdbeben in Italien, Griechenland, der Türkei, Marokko und Algerien verantwortlich.“ Die Region von Murcia in Südspanien sei zwar ein ausgewiesenes Erdbebengebiet, doch das übrige Spanien zähle nicht unbedingt dazu, sagt Lehmann: „Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu schweren Beben kommt, ist im übrigen Mittelmeerraum, in Italien, vor allem aber in Griechenland und in der Türkei, höher.“