Erschossene 13-Jährige: Vater auf der Flucht

Stolzenau (dpa) - Die Bluttat von Stolzenau war womöglich keine spontane Tat. Die Mordkommission gehe derzeit davon aus, dass der Vater die tödlichen Schüsse auf seine 13-jährige Tochter nach einem vorgefassten Plan abgegeben hat, sagte Polizeisprecherin Gabriela Mielke der Nachrichtenagentur dpa.

Offensichtlich habe der 35-Jährige auch seine anschließende Flucht vorbereitet. Die Polizei fahndet seit Montag erfolglos nach dem irakischen Staatsangehörigen, der mit seiner Familie in der Kreisstadt Nienburg lebte.

Weil die Ermittler nicht weiter wussten, schalteten sie am Donnerstag die Öffentlichkeit ein und veröffentlichten ein Foto des Gesuchten. Sie hoffen jetzt auf Hinweise aus der Bevölkerung. Bis zum Nachmittag waren bei der Mordkommission in Nienburg zwar einige Hinweise eingegangen. „Eine heiße Spur ist aber nicht darunter“, sagte ein Sprecher.

Die Polizei vermutet, dass sich der flüchtige Familienvater, der in Nienburg als Aushilfe in einem Imbiss arbeitete, ins Ausland absetzen will. Weil der 35-Jährige mit großer Wahrscheinlichkeit noch immer die Tatwaffe bei sich trägt, sei Vorsicht geboten. Wer ihn sehe, soll möglichst unauffällig die Polizei informieren.

Die Staatsanwaltschaft Verden hat gegen den Kurden jesidischen Glaubens einen Haftbefehl wegen Mordes erwirkt. Er ist dringend verdächtig, seine Tochter Souzan am vergangenen Montag in Stolzenau mit mehreren Schüssen auf der Straße getötet zu haben.

Der Zentralrat der Jesiden erklärte dazu, Gewalt und Zwang seien mit den Inhalten der jesidischen Religion unvereinbar. “Die Rechtsprechung sollte keine vorgeschobenen kulturellen oder gar angeblich religiöse Gründe als mildernde Umstände akzeptieren“. Der Täter müsse die volle Härte des Gesetzes erfahren.

Der gesuchte 35-Jährige ist 1,75 Meter groß und 90 Kilogramm schwer. Er ist von kräftiger Statur, hat kurzes schwarzes Haar und Geheimratsecken sowie kräftige Augenbrauen. Zur Tatzeit trug er einen Oberlippenbart. Der Polizei zufolge spricht er gebrochen Deutsch.

Die Mutter des getöteten Mädchens, die die Tat mit ansehen musste, konnte unterdessen vernommen werden. Die Frau konnte nach Polizeiangaben dabei allerdings keinen konkreten Hinweis auf den aktuellen Aufenthaltsort ihres Mannes geben.

Der 35-Jährige hatte Souzan getötet, nachdem am Montag ein Versöhnungsgespräch gescheitert war. Die 13-Jährige war vor einem halben Jahr wegen familiärer Spannungen mit Zustimmung des Jugendamtes bei ihren Eltern aus- und in ein Heim gezogen.

Vergleichbare Versuche, die Tochter unter professioneller Anleitung wieder mit ihrer Familie zu versöhnen, habe es zuvor schon wiederholt gegeben, sagte Polizeisprecherin Mielke. Das Mädchen habe eine Rückkehr ins Elternhaus jedoch stets abgelehnt. Dass der Vater bei dem Gespräch am Montag eine Waffe bei sich hatte, spreche dafür, dass er das anschließende Verbrechen geplant habe.

Am Dienstag hatte die Polizei im rund 30 Kilometer entfernten Minden - wo zuvor das Fluchtauto des 35-Jährigen entdeckt worden war - mehrere Wohnungen durchsucht, in denen Jesiden leben. Hinweise auf den Aufenthaltsort des Gesuchten fanden die Beamten dort nicht.