Everest-Tragödie: Bergsteiger fordern Hilfe für Sherpas
Zugeständnis an Touristen: Everest-Genehmigung verlängert.
Kathmandu. Nepals Regierung hat nach dem schweren Lawinenunglück am Mount Everest und einem Streik zahlreicher Sherpas die diesjährigen Gipfelgenehmigungen verlängert. Wer sich nun vom Everest zurückziehe, könne innerhalb von fünf Jahren wiederkommen, ohne noch einmal zahlen zu müssen, sagte Dipendra Paudel vom Tourismusministerium. Minister Bhim Acharya war gestern ins Basislager am höchsten Berg der Welt geflogen, um die Sherpas zum Weiterarbeiten zu bewegen — anscheinend ohne Erfolg. 15 der 30 diesjährigen Expeditionen entschlossen sich nach offiziellen Angaben zur Umkehr.
Viele der Sherpas wollen nach dem Lawinenunglück am Karfreitag mit 16 toten Bergführern keine Touren auf den Mount Everest mehr machen. Als das Unglück geschah, warteten im Basislager etwa 350 Bergsteiger, dass Sherpas den Weg vorbereiten. Der Eisfall oberhalb des Lagers gilt als Todesfalle Nummer eins auf der Südseite des Mount Everest. Er streckt sich über etwa 800 Höhenmeter bis auf gut 6000 Meter. Der Gletscher bewegt sich einen halben, manche sagen sogar eineinhalb Meter pro Tag. Erfahrene Sherpas, sogenannte Eisfall-Doktoren, suchen deshalb für ihre zahlenden Kunden einen sicheren Weg und präparieren ihn. Doch Eislawinen lassen sich nicht voraussehen.
Eisbrocken türmen sich, über riesige Spalten helfen Fixseile und Leitern. Die Route muss ständig gepflegt werden. „Da, wo gestern noch eine begehbare Route war, ist heute eine Spalte“, erklärt der bayerische Extrembergsteiger Karl Flock. Immer wieder gibt es Todesfälle. Die Einheimischen müssen öfter als Kunden den Eisfall queren, um das Material in die Höhenlager zu tragen — ihr Risiko ist größer.
Flock mahnte die Einrichtung eines Hilfsfonds für die Hinterbliebenen der Sherpas an. „Das ist etwas absolut Notwendiges, das ist ein Muss“, sagte Flock. „Nepal ist immer noch eines der ärmsten Länder der Welt. Wenn eine Familie so etwas trifft, dass der Vater zu Tode kommt, muss man helfen.“ Ohne die Sherpas würden die wenigsten der westlichen Touristen diese Achttausender besteigen können. Mehrere Bergsteiger, die gerade im Basislager am Everest sind, haben Initiativen gestartet oder zu Spenden aufgerufen.
Die deutsche Bergsteiger-Legende Reinhold Messner kann verstehen, dass die Sherpas nun nicht aufsteigen wollen. „Ich finde diese Entscheidung sehr mutig und hoffe, dass die Sherpas das durchhalten“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“. Die jetzige Form des Everest-Tourismus sei ohnehin Selbstbetrug, kritisiert Messner, der als erster ohne künstlichen Sauerstoff auf dem Gipfel stand. „Die Leute geben viel Geld aus und glauben, sie haben den Everest bestiegen. In Wirklichkeit haben sie den Everest nicht verstanden und nicht bestiegen und stattdessen viele Leute in den Tod laufen lassen.“