Experte: Erdbeben war nicht besonders tief

Köln (dpa). Das Erdbeben am Niederrhein war in einem Radius von etwa 200 Kilometern spürbar. Über die Gründe dafür und die Erdbebengefahr in der Region sprach der Leiter der Erdbebenstation in Bensberg, Prof. Klaus Hinzen, am Freitag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Herr Prof. Hinzen, als wie schwerwiegend bewerten Sie das Erdbeben vom Donnerstagabend?

Hinzen: „Der Wert von 4,4 bedeutet bei einem Erdbeben, das relativ flach in der Erde war, also wie hier bei circa fünf Kilometern, dass man es recht deutlich an der Erdoberfläche spürt und dass auch vereinzelte leichte Gebäudeschäden eintreten können oder mal Gegenstände aus einem Regal fallen. Die Wirkung eines Bebens an der Erdoberfläche hängt nicht nur davon ab, wie stark es ist, sondern auch wie tief es ist. Ein Beben dieser Stärke in 20 Kilometern Tiefe wäre sicher nicht so stark wahrgenommen worden wie dieses Beben.“

Was ist die Ursache für dieses Beben?

Hinzen: „Wir ordnen dieses Beben dem normalen tektonischen Geschehen hier in der niederrheinischen Bucht zu. Diese gehört ja in Europa zu den aktivsten Erdbebengebieten nördlich der Alpen, und Erdbeben sind hier eigentlich etwas normales. Ein Beben der Stärke 4,4 wie jetzt ist im Schnitt alle vier Jahre durchaus mal fällig. Wir hatten ja dieses Jahr sogar schon eines gleicher Stärke, am 14. Februar in Nassau im Mittelrheingebiet.“

Warum war das Beben in einem Radius von 200 Kilometern spürbar?

Hinzen: „Die Erschütterungen breiten sich aus. Sie nehmen zwar mit der Entfernung ab, aber wenn genügend Energie von der Quelle losgeschickt wird, dann kann man das eben auch über einen so weiten Bereich spüren.“

Muss man mit Nachbeben rechnen?

Hinzen: „Wir haben bis jetzt keine größeren Nachbeben erfasst, aber es ist nicht auszuschließen, dass sich das ein oder andere noch ereignet.“

Hat die Häufigkeit von Erdbeben im Rheinland zugenommen?

Hinzen: „Wir sehen keinerlei Steigerung der Erdbebenaktivität. Es ist allerdings so, dass in den letzten Jahren viel mehr Erdbeben gemessen und erfasst wurden. Das liegt aber nicht daran, dass es mehr Beben gibt, sondern schlicht und ergreifend daran, dass wir heute eine bessere Ausrüstung haben und auch kleine Beben erfassen, die man früher einfach nicht gesehen hat. Auch in Zukunft ist keine Häufung zu erwarten.

Können Erdbeben hierzulande auch wesentlich stärker ausfallen?

Hinzen: „Generell können im Rheinland auch stärkere Beben vorkommen, von der Magnitude 6,8 bis 7. Solche Beben sind sehr selten, alle 1000 Jahre mal, aber selten heißt eben nicht unmöglich. Wenn so ein Beben eintreten würde - und das kann auch morgen sein - muss man auch hier im Rheinland mit ausgedehnten Schäden rechnen, die sicherlich im mehrstelligen Milliardenbereich lägen.“