Festgehalten und missbraucht? Fall der isolierten Familie vom Hof in Ruinerwold kommt vor Gericht
Assen · Gut neun Jahre lang lebte eine Familie total isoliert auf einem Hof in den Niederlanden. Der Vater soll seine sechs Kinder festgehalten und misshandelt haben. Noch ist vieles düster an dem bizarren Fall.
Gut drei Monate nach der Entdeckung einer isolierten Familie auf einem holländischen Bauernhof kommt der bizarre Fall nun vor Gericht. Der Niederländer Gerrit Jan van D. (67) soll sechs seiner Kinder rund neun Jahre lang auf dem Hof in Ruinerwold festgehalten und auch misshandelt haben. Er habe auch zwei weitere Kinder sexuell missbraucht, so die Anklage. Auch ein Österreicher, der 58-jährige Josef B., muss wegen Freiheitsberaubung vor Gericht erscheinen.
Bei der ersten öffentlichen Sitzung am kommenden Dienstag in Assen im Nordosten des Landes wird die Anklage zunächst aber nur über den Stand der Ermittlungen informieren. Wann das Hauptverfahren beginnen wird, ist noch unklar.
Im vergangenen Oktober hatte die Polizei die Familie in dem abgelegenen Hof entdeckt. Die Nachricht hatte weit über die niederländischen Grenzen hinaus für Aufsehen gesorgt. Vater und sechs Kinder hatten in Ruinerwold neun Jahre lang völlig isoliert gelebt. Keines der Kinder war jemals bei den Behörden gemeldet worden. Der entscheidende Hinweis kam von dem ältesten Sohn Jan (25). Er hatte sich eines Abends in der Dorfkneipe gemeldet und um Hilfe gebeten. Kurz danach waren der Vater und der Österreicher, der den Hof gemietet hatte, festgenommen worden.
Was tatsächlich auf dem Hof geschehen war, ist aber noch weitgehend unklar. Der Vater hatte offenbar jahrelang religiöse Botschaften im Internet verbreitet. Wie aus Videos und Beiträgen im Internet hervorgeht, hatte er eine Art eigene Natur-Sekte entwickelt. In einem jetzt erschienenen Buch werden aus den Polizeiakten die Aussagen einiger Kinder zitiert. Danach hatte der Vater sie im religiösen Wahn gezüchtigt.
Drei ältere Kinder sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits vor Jahren aus der Familie geflohen. Zwei von ihnen sollen vom Vater sexuell missbraucht worden sein. Die Mutter der Familie ist bereits 2004 gestorben, so die Staatsanwaltschaft.
Der Vater wird nach Aussagen seines Anwaltes nicht an der Sitzung teilnehmen. Er ist nach einem Schlaganfall vor drei Jahren halbseitig gelähmt und war bislang nach Aussagen der Staatsanwaltschaft nicht vernehmungsfähig. Aber einige der heute erwachsenen Kinder wollen im Gericht anwesend sein, wie das Gericht bestätigte.