Fastnacht: 18-Jährige in Hexenkessel schwer verbrüht - Polizei ermittelt

Ein ausgelassener Fastnachtsumzug endete für eine 18-Jährige in Eppingen mit schlimmen Verbrühungen an den Beinen, die sie sich in einem Kessel mit heißem Wasser zuzog. Die Polizei ermittelt auch wegen fahrlässiger Körperverletzung und möglicher unterlassener Hilfeleistung. Und die veranstaltende Zunft wird heftig kritisiert.

In diesem Kessel hat sich die junge Frau verbrüht.

Foto: Stephen Wolf

Eppingen. „Jedem zur Freud, niemandem zum Leid“, sagt ein altes Fastnachtsmotto im Südwesten. Doch bei einem Faschingsumzug in Eppingen nahe Heilbronn ist es am Wochenende zu einem folgenschweren Unfall gekommen: Eine 18-Jährige verbrühte sich die Beine durch einen mit heißem Wasser gefüllten Hexenkessel. Dabei sollte das Ganze wohl eigentlich nur ein Scherz sein: Nach Polizeiangaben hatte eine Hexe aus einer am Umzug teilnehmen Zunft die Zuschauerin hochgehoben und über den dampfenden Kessel gehalten, den eine andere Hexe zuvor geöffnet hatte.

Was dann genau passierte, ist noch immer nicht ganz klar: Die Polizei geht davon aus, dass die Beine der Frau bis zu den Knien in das heiße Wasser gerieten, wie ein Sprecher sagte. Inzwischen sprächen Zeugen jedoch auch davon, dass die Frau möglicherweise nicht durch das Wasser, sondern durch aufsteigenden Dampf oder Spritzwasser verbrüht wurde. Die Frau musste in eine Spezialklinik gebracht werden.

Die Beamten ermitteln inzwischen wegen fahrlässiger Körperverletzung und möglicher unterlassener Hilfeleistung. Denn es steht noch ein weiterer Vorwurf im Raum: Die beteiligten Hexen sollen die 18-Jährige nach dem Vorfall zurückgelassen haben, ohne sich um sie zu kümmern. Die Polizei untersucht jetzt, wer in der Gruppe im Fastnachtstreiben was gemacht hat. Die Personalien sind mittlerweile bekannt.

Die Stadt Eppingen zeigte sich am Montag betroffen. Es sei noch nicht klar, ob die Veranstaltung auch weiterhin bestehen werde. „Ich kann aus heutiger Sicht nicht sagen: „Ja, es geht weiter““, sagte Oberbürgermeister Klaus Holaschke (parteilos). Das Ereignis werde nun ausführlich aufgearbeitet.

Nach dem Unglück geriet vor allem die Hexenzunft Eppingen als Veranstalterin in die Kritik. Der Verein postete am Wochenende bei Facebook Fotos von dem Umzug, ohne auf den Vorfall einzugehen. Das sorgte für zahlreiche aufgebrachte Kommentare, in denen die Zunft zum Teil heftig beschimpft wurde.

Auch per E-Mail seien Drohungen gekommen, sagte Zunftmeister Bernd Henke am Montag. „Ich bin schockiert über diesen Shitstorm.“ Er zeigte beispielsweise eine Zuschrift, in der es heißt: „Ihr hättet es verdient, dass man Euch alle zusammen in einen Kessel kochenden Wassers fünf Minuten untertaucht und Euch anschließend jeden Knochen einzeln bricht, bis nichts mehr von Euch widerwärtigem Getier übrig bleibt.“

Henke betonte, dass die Eppinger Hexen an dem Vorfall nicht beteiligt, sondern lediglich die veranstaltende Zunft gewesen seien - insgesamt waren demnach 85 Vereine eingeladen. Doch davon abgesehen gebe es bei der Fastnacht eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz: „Mach nichts mit Maske, was du nicht auch ohne Maske tun würdest.“ Grundsätzlich gelte aber auch: Der Veranstalter könne bei einem Umzug nicht auf alles Einfluss nehmen, sagte Henke.

Das sieht auch der Alemannische Narrenring (ANR) so: Organisatoren könnten Unglücke oder andere Vorfälle nie zu hundert Prozent verhindern, sagte der Verbandspräsident Augustin Reichle. Zudem sei jede teilnehmende Zunft für die eigenen Fahrzeuge beim Umzug selbst verantwortlich. „Als Veranstalter kann man nur darauf hinweisen, dass nur zugelassene Fahrzeuge beim Umzug mitmachen dürfen.“

Nach Angaben der Stadt hatte der Wagen der betroffenen Narrenzunft den Auflagen auch genügt. Das Fahrzeug sei vor dem Umzug vom Ordnungsamt abgenommen worden, sagte eine Sprecherin. Beanstandungen habe es nicht gegeben. Allerdings habe sich zu diesem Zeitpunkt noch kein heißes Wasser auf dem Fahrzeug befunden. Ob der Wagen hätte fahren dürfen, wenn das anders gewesen wäre, konnte die Sprecherin nicht sagen.

Um die Umzüge möglichst sicher zu gestalten, gebe es auch klare Regeln innerhalb der Zünfte, sagte Reichle weiter. So sei es beispielsweise bei vielen Vereinen verboten, vor dem Umzug Alkohol zu trinken. Das werde vor Beginn oft intern kontrolliert. „Da gibt es auch mal einen Klaps auf die Schulter und es heißt: Heute läufst du nicht mit.“ (dpa)