Feist begeistert mit Schamanen-Rhythmen

Berlin (dpa) - An diesem Abend stimmte alles: In Berlin versammelte die kanadische Sängerin Leslie Feist ihre Fans um sich und lud ein zu Schamanen-Rhythmen, Punk-Ausflügen und eng umschlungenem Schunkeltanz.

Am Ende erwies sie sich als große Zeremonienmeisterin.

Es war dieses letzte Bild, das hängen blieb: Feist steht umgeben von sitzenden Fans auf der Bühne. Im Saal herrscht völlige Stille, dann tönt jäh die Stimme der kanadischen Sängerin durch den Raum - arktisch kalt und doch wunderbar warm zugleich. Spätestens zu dem Zeitpunkt stand fest, sie hatte ihr Publikum mit ihrem Gesang längst verzaubert.

Auf diesen Auftritt hatten viele seit Jahren gewartet. Nach langer Auszeit begeisterte Leslie Feist am Samstagabend bei ihrem einzigen Tourstopp in Deutschland Tausende Fans in Berlin. Zwei Stunden lang gab die 35-Jährige neue und alte Stücke im ausverkauften Tempodrom zum Besten. Noch kurz vor Konzertbeginn hatten viele Menschen vor der Halle verzweifelt versucht, eine Karte zu bekommen.

Beim Auftritt beeindruckte die kanadische Künstlerin, die sich schlicht Feist nennt, einmal mehr mit beschwörerischen Songs und ihrer außergewöhnlichen Stimme. Für das Publikum zeigte sie sich von einer ungewohnten Seite: Über der Bühne hing eine riesige Leinwand schräg von der Decke und zeigte die Sängerin und ihre Band von oben.

„Thank you for filling up the "Zirkus-Zelt"“, dankte sie ihren Fans fürs Kommen mit Blick auf die zeltähnliche Architektur des Saales. Überzeugungsarbeit brauchte Feist indes nicht leisten - vom ersten Lied „Undiscovered First“ an zog sie ihre Hörer mit ungewohnt rockigen Rhythmen in den Bann. In rotes Licht getaucht und begleitet von Trommeln, Schellen, Gitarrengejaule und choralartigen Gesängen fühlte man sich an indianische Schamanen-Rituale erinnert.

Seitdem die Kanadierin jüngst ihr viertes Studioalbum „Metals“ herausgebracht hat, war ihre Tour von vielen sehnsüchtig erwartet worden. Nach ihrer letzten Platte „The Reminder“, die weltweit zum Kassenschlager wurde, hatte sie sich nach großer Tournee längere Zeit zurückgezogen. „Danach musste ich erst wieder eine Richtung finden, einen neuen Sinn im Songschreiben“, erzählte die 35-Jährige im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Unter anderem lebte sie ein halbes Jahr in Berlin.

An diesem Abend schien Feist mit sich selbst im Reinen zu sein - und zeigte sich ihrem Publikum auch musikalisch von einer unbekannten Seite. Nach elegischen Balladen und Rockabilly-Interpretationen alter Songs („I Feel It All“), peitschte die Band jäh mit einigen kurzen, krawalligen Punkrock-Ausbrüchen auf die Hörer ein. Ein Zitat an die eigenen Anfänge: Gestartet hatte Feist einst als Punk-Musikerin.

Im Zentrum der Songs stand aber ihr herrlicher Gesang, der, von drei A-cappella-Sängerinnen begleitet, wunderbar zur Geltung kam. Geschickt hantiert sie mit Laut-Leise-Kontrasten, Polyphonie und Stimmakrobatik.

Nach den mehr als 20 Songs dieses Familientreffens holte die Musikerin dann ihr Publikum zum Tanzen auf die Bühne. Zu ihrem Klassiker „Let It Die“ schunkelten die Fans im Dreivierteltakt um die zierliche Musikerin herum. Die Zeremonienmeisterin Feist: „Wie beim Schulabschlussball.“